HomeAktivitätenKontaktBlogMuseForumBasis-Info
Seelen-Öffner
Gesundheit und Entwicklung
1
2
3
4
5
Basis-Info

Weitere Texte auf der Unter-Seite 1 (links, anklicken)



Hierunter finden Sie Texte mit Inhalten/Aussagen, die ich persönlich sehr wichtig finde.


1.  Arbeitsblatt Kollektive Zivilisations-Neurose

2.  Zivilisations-Neurose und Erleuchtung

3.  Lebens-Energie: Gewinn und Verlust 

4.  Religiöses Erleben im Umfeld psychischer  Krisen“  

 5.  Lieben Sie Ihre Patienten? oder: Formale Denkstörung bei Psychiatern?



Arbeitsblatt Kollektive Zivilisations-Neurose                 

 

Die kollektive (Zivilisations-)Neurose, (Kern der) „Krankheit der Gesellschaft“, hat folgende Begleitumstände, die sowohl Auswirkungen als auch Ursachen/Auslöser ihrer Weitergabe, Weitervertiefung und Weiterverbreitung sind - ein so genannter „Teufelskreis“; ein nichtlinearer, dynamischer Ursache-Wirkung-Komplex:

 

ENTFREMDUNG:  von der äußeren und vor allem von der inneren Natur; der wahren, tieferen, geistig-spirituell-energetischen Identität; vom wahren Selbst; von der wahren Selbst- bzw. Gotteserkenntnis.


ÜBERBETONUNG des INTELLEKTS und VERKÜMMERUNG der GEFÜHLSWELT: Leben unter Fremdsteuerung bzw. Steuerung aus dem rationalen Verstand (linke Hirnhälfte); unter der Herrschaft des EGO. Geschwächte Fähigkeiten der rechten Hirnhälfte = Störung des Wahrnehmens von Gefühlen, Bedürfnissen, Intuition, ganzheitlichen Zusammenhängen. Unterdrückung des wahren SELBST.


FRAGMENTIERTES, FALSCHES BEWUSSTSEIN: Abwehren / Vermeiden / Ausblenden / Verdrängen von Problemen / unbequemen Wahrheiten. Realität wird selektiv / verzerrt dargestellt / wahrgenommen. Der geistig-energetische Teil der Wirklichkeit wird nicht (an)erkannt, völlig ausgeblendet = Wahn.


KOLLEKTIVE LATENTE ERKRANKUNG: Kollektive Neurose - permanent weitergegeben durch unangemessene Erziehung / Sozialisation - wirkt sich aus als unbewußte kollektive Immunschwäche.


FIXIERUNG: durch Anspruch “normal” zu sein, in Angst vor der Wahrheit, in Unausgewogenheit und Unterentwicklung der Persönlichkeit.
Im Wahn. In der Abhängigkeit vom "organisierten System".


VERLUST VON LEBENSENERGIE, LIEBE - von Antrieb, positiver Lebenseinstellung, Belastbarkeit, Abwehrkräften (Immunsystem) und Gesundheit, vom Bewußtsein, wahrhaft glücklicher Mensch zu sein.


KRANKE NORMALITÄT: Die betroffene große Mehrheit hält sich für normal = vermeintlich gesund. Menschen, die sich zwanghaft bemühen, normal zu sein, werden daran krank = NORMOPATHIE.


TABU: Die kollektive Neurose wird durch ein starkes Tabu vor dem Bewußtwerden / Entdecken geschützt. Die Betroffenen können / wollen sich nicht in ihrer "Fehlerhaftigkeit" erkennen.

Hinweise auf in diesem Zusammenhang gefundene Begriffe (kursiv) und Literatur ("...."): 

 Sigmund Freud: Menschheitsneurose, "Das Unbehagen in der Kultur";

Hermann Oberth: Kakokratie, Gesellschaftsneurose, "Wählerfibel für ein Weltparlament" (Uni-Verlag Roth-Oberth); 

Erich Fromm: "Wege aus einer kranken Gesellschaft", "Pathologie der Normalität", "Anatomie der menschlichen Destruktivität", etc.;

Frederic Flach: "Depression als Lebenschance";  

Dieter Duhm: "Angst im Kapitalismus"; 

Adrian Gaertner: "Soziale Therapie";

Arno Gruen: "Der Wahnsinn der Normalität";  

Christa Meves: Neurotische Verwahrlosung, "Manipulierte Maßlosigkeit"; 

Wolfgang Schiesches: Massenneurose, Soziose (van den Berg);

BEAULIEU-Gruppe: "Aufbruch von innen", psych. Epidemie einer Kultur;

Rainer Taéni: "Latente Angst: Das Tabu der Abwehrgesellschaft";

Heinz von Foerster: Dysgnosie, "Wissen und Gewissen"; 

Viktor Frankl: noogene Neurose, "Das Leiden am sinnlosen Leben";

Arthur Jores: "Der Mensch und seine Krankheit";

Hans J. Eysenck: Normalneurose; "Neurose ist heilbar";

Christopher Lasch: "Das Zeitalter des Narzißmus";

Sigrun Preuss: "Umweltkatastrophe Mensch"; 

Marilyn Ferguson: "Die sanfte Verschwörung";

Leopold Kohr: "Das Ende der Großen";

Arthur Janov: "Anatomie der Neurose", „Der (neue) Urschrei“;

Florian Sartorio: "Die entgleiste Menschheit";  

A. von Haller: "Gefährdete Menschheit";

Wilhelm Reich: "Die Massenpsychologie des Faschismus", "Christusmord", Biopathie, emotionale Pest; 

Martin Dammholz: “Der ganze Mensch”. 

Außerdem – u.a.: Ruth Dirx, Ivan Illich, C.G. Jung, Peter Lauster, R.D. Laing,

J. Bodamer, Mitscherlich, Marcuse, Adorno.

Heilung – individuell und kollektiv – ist möglich! Vorbedingung ist Betroffenheitseinsicht. Therapie: Korrektur der Differenz(en), Unausgewogenheit und mangelnder Kommunikation/Kooperation zwischen linker und rechter Hirnhälfte. Nach- bzw. Weiter-Entwicklung der Persönlichkeit bzw. des geistigen Wesens im Menschen = (höheres) SELBST. Überwinden von Angst. Streben nach – höherer - Wahrheit und bedingungslos liebevoller Selbst-Entwicklung; nach den höheren, wahrhaft mensch­lichen Fähigkeiten/Eigenschaften des reifen "ganzen" Menschen (Martin Dammholz).

Bücher / Informationen im Internet z.B. unter solchen Stichworten:  Kultur- / Zivilisations- / Gesellschafts- / Zeitkritik; globale (Umwelt-) Krise, Weltgesellschaft/-problematik, Menschheitsproblem, Ursachen, krank(e)/-en, Abwehrmechanismus, Neurose, Narzißmus, Nekrophilie, Heilung.


Zivilisations-Neurose und Erleuchtung

1947, in der so genannten "schlechten Zeit", geboren, litt ich dennoch als Kind keine materielle Not. Aber ich bekam viel Rückmeldung, daß ich viel falsch machte, fühlte mich immer mehr abgelehnt, ungeliebt - minderwertig. Intensive Gefühle durften nicht gelebt werden – vor allem die negativen. Die wurden oft unter Androhung von Strafe verboten. Ich sollte "vernünftig" sein, und "normal". So lernte ich dauernde Unsicherheit – aus Angst, Fehler zu machen und von anderen kritisiert zu werden. Bis zum 44. Lebensjahr verstand ich die Welt, das Leben nicht - als hätte man mir eine wichtige Information vorenthalten. Im Grunde war ich unglücklich.

Im Beruf gewann ich etwas Selbstbewusstsein, konnte aber schlecht allein sein; saß viel in der Kneipe; lernte 1972 meine Frau kennen. Trotz eines ungelösten Konflikts um Gefühle blieben wir zusammen; versuchten ein "normales" Leben zu führen. 1980 kam unsere Tochter zur Welt.

Am 16. Dezember 1987 erfuhr ich vom Selbstmord meines jüngsten Bruders, Matthias. Eine unbegreifliche Tat - wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Ein gewaltiger Schock! Ich konnte das nicht verstehen, nicht einordnen. Tags darauf im Büro wurde das Gedankenkarussell in meinem Kopf unerträglich. Zu Fuß machte ich mich auf den Heimweg. Unterwegs drängten sich mir auch all die anderen negativen Dinge auf, die mich schon eine Weile belasteten. Mein ganzes Leben kam mir vor wie ein einziger Misserfolg, eine einzige Qual. Ich war nicht glücklich - und nichts wollte mir glücken. Wozu noch leben?

In dem Augenblick hörte ich die Stimme meines verstorbenen Bruders: "Komm’ doch auch hierher". Ich wunderte mich gar nicht, seine Stimme zu hören - klar und deutlich, wie wenn er einen Meter neben mir ginge. Ja, dachte ich, ich mache meinem Leben ein Ende und folge ihm ins Jenseits. Aber da meldete sich seine Stimme ein zweites Mal: "Nein, bleib' noch da; du hast noch was zu tun". Zu Hause angekommen, brach ich weinend zusammen.

Nach 2.1/2 Jahren fühlte ich mich wieder so belastbar wie früher, nach einem weiteren Jahr staunte ich darüber, dass ich mich nun besser, stabiler, gesünder – lebendiger - fühlte als jemals zuvor. War ich denn früher immer irgendwie krank oder nicht richtig entwickelt gewesen?

Als mein anderer Bruder, Michael, Probleme mit Depression hatte, musste ich erst meine Angst überwinden - z.B. ihn tot vorzufinden oder in einer Situation, die mich überfordern könnte. Früher war ich vor Schwierigkeiten meist weggelaufen. Nun aber stellte ich mich dem Problem. Und plötzlich durchfuhr mich die Erkenntnis, dass ich immer nach einem falschen Grundsatz gelebt hatte. Als ich das begriff, wurden mir auch damit verbundene andere Grundsätze bewusst, nach denen ich gelebt hatte und die sich nun als falsch oder nachteilig erwiesen. Es gab eine Kettenreaktion. Innerhalb von Sekunden folgte eine ganze Reihe von wichtigen Erkenntnissen; ein Gedankenblitz jagte den nächsten – wie ein innerliches Feuerwerk. Ich hatte wirklich den Eindruck, es wurde hell - in meinem Kopf und um mich herum. War das eine Erleuchtung?

Als Fachmann für Beleuchtung sah ich das ganz lebensnah: Wenn eine Straße erleuchtet wird oder ein Haus - was ändert sich? Man sieht einfach besser als im Dunklen; man sieht weiter, deutlicher, plastischer, farbiger. Man erkennt mehr und versteht besser. So ging es mir nun auch: In mir war es 40 Jahre "dunkel" gewesen und jetzt wurde "Licht" gemacht.

Wochenlang war ich sehr gehobener Stimmung und voller Ideen, wie positiv sich meine und unser aller Zukunft aufgrund dieser wichtigen Erkenntnisse entwickeln könnte. Die ersten Tage ging ich wie auf Wolken; schien immer einige Zentimeter über dem Boden zu schweben. Auch nach Tagen, Wochen, Monaten kamen immer noch einzelne Gedankenblitze und Erkenntnisse, die meine neue Einstellung bereicherten und abrundeten. Ein neues Weltbild, eine neue Grund-Überzeugung wuchs in mir.

In welcher Reihenfolge die vielen wichtigen Dinge damals abliefen und in welchen zeitlichen Abständen, weiß ich nicht mehr. Ich erinnere nur die wesentlichen Eindrücke und Erlebnisse:

• Ich hatte ein Gefühl völliger innerer Befreiung. Mir war, als hätte ich bis zu diesem Erlebnis im Windfang oder der Diele eines großen Hauses gelebt, von dem ich zwar ahnte, dass es noch andere Stockwerke und Räume hatte, die mir aber nicht zugänglich waren. Nun aber konnte ich in alle Stockwerke und Räume gehen - wohin immer ich wollte. Und es gab mehr (und schönere!) Räume, als ich mir jemals hätte träumen lassen.

• Ich stand real am Fenster und sah im Gartenbeet einen Vogel und bewunderte seine Fähigkeit, nur mit dem, was er am Leibe trägt oder in der Natur findet, sein Leben zu bewältigen. Das fand ich nun plötzlich als das am höchsten entwickelte Leben auf diesem Planeten und nicht den Menschen, der angeblich die "Krone der Schöpfung" sein sollte. Denn der zivilisierte Mensch braucht doch so viele Hilfsmittel. Ich erkannte, dass der zivilisierte Mensch im Vergleich zu den so lebenstüchtigen Tieren erschreckend degeneriert oder unterentwickelt war. Ich fand, die zivilisierte Gesellschaft litt an einer Art Krankheit, von der sie befallen war, seit die Zivilisation begonnen hatte. Vor allem sah ich mich selbst betroffen davon.

• Wochenlang hatte ich abends kurz vor dem Einschlafen eine gnadenlos sich wiederholende blutige Vision von mechanischen Geräten, die menschliche Körper(teile) verletzten. Diese Vision mit den blutrünstigen Bildern verschwand für immer, als ich erkannte, dass diese Vision mich meinte, dass ich – und zwar seelisch - verletzt war.

• Dies und die Erkenntnis der kollektiven Neurose der Zivilisationsgesellschaft brachten mich zu der Entscheidung, dass ich anstreben wollte, das große Ungleichgewicht zwischen meiner vernachlässigten Gefühlswelt und meinem überbetonten Intellekt zu beseitigen. Ich beschloss, nun mehr auf meinen Bauch zu hören, meinen Gefühlen mehr Bedeutung und Raum zu geben und weniger vom Kopf, vom rationalen Verstand her zu leben.

• Ich fühlte mich - wie von höherer Macht, von Gott -, geleitet, geführt; ich eilte von einer schönen, wichtigen Erfahrung zur nächsten. In rascher Folge lernte ich eine Lektion nach der anderen, wie wenn ich alles Versäumte der letzten 44 Jahre in einem intensiven "Crash-Kurs" nachholen sollte. Ich fand Bücher und wichtige Dinge heraus, lernte Menschen kennen und andere Sichtweisen, Überzeugungen, Gesetzmäßigkeiten - eine ganz neue Welt.

• Ich hatte das Gefühl, langsam in eine neue Dimension hineinzuwachsen - eine die nur Menschen sichtbar und begehbar wird, die ein bestimmtes Entwicklungsstadium erreicht haben. Es war, als steckte ich meinen Körper durch einen unsichtbaren Vorhang, hinter dem die Welt nicht mehr laut, grau, schmutzig, verwirrend, anstrengend, deprimierend war, sondern wohlig leise, farbig, strahlend hell, sauber, klar, leicht - und voller Freude und Erhabenheit.

• Ich sah in einem inneren Visionsbild die Beziehungen zwischen mir und allen anderen Wesen wie ein Netz von Fäden aus Goldstaub - jedes auch mit jedem anderen verbunden.

• Im Umfeld der Erleuchtung fand ich auch endlich meine Beziehung zu Gott. Von meiner natürlich-religiösen elsässischen Großmutter hatte ich als kleines Kind die Grundzüge des christlichen Glaubens und Beten gelernt, später aber nicht weiter praktiziert. In Gottesdiensten, die ich besuchte, fand ich nicht das passende für mich. Mit 21 war ich aus der Kirche ausgetreten in der Hoffnung, Gott - wenn es ihn denn wirklich gäbe -, auch ohne sie zu finden. Und so geschah es nun, ohne dass ich es gezielt angestrebt hätte. Es schien eher, daß ER mich gefunden hatte.

• Eine Weile sprach ich mit einem inneren Berater, den ich nun kennen lernte und der mir Antwort auf alle Fragen gab, die ich an mein Inneres richtete. Eine ruhige, freundliche Männerstimme gab mir bereitwillig und geduldig Auskunft. Später fragte ich nur noch bei ganz wichtigen Fragen, wenn ich im Zweifel war. Ansonsten entschied ich einfach immer häufiger nach meinem Gefühl, aus dem "Bauch" - und fand, dass ich damit erstaunlich gut beraten war.

• Anders als früher konnte ich mich jetzt als Teil des großen Ganzen sehen; als Teil von Gott - und Gott als Teil von mir. Ich stellte mir vor, dass alles, was man an Materiellem im Universum ist, der Leib Gottes sei - von der göttlichen Seele durchzogen - also auch ich. Nun sah ich mich in der Lage, Gott und seine ganze Schöpfung zu lieben. Das schloss auch die Menschen ein, die mir irgendwann einmal "Böses" angetan hatten.

• Ich hatte erkannt, dass es zu unserer Natur und Entwicklung gehört, Fehler zu machen und, dass es gut ist, Fehler zu verzeihen. So konnte ich meinen "Feinden" verzeihen und frei werden von negativen Gefühlen für sie. Welch' schöne Befreiung! Entsprechend erkannte ich, dass alle meine "schlechten" Erfahrungen im Grunde gute Erfahrungen waren, denn ich hatte ja aus ihnen gelernt und sie hatten dazu beigetragen, dass ich der geworden bin, der ich nun war und dass es mir so gut ging.

Im März 1997 wurde ich mit "Depression, mittelschwer" arbeitsunfähig geschrieben. (Wenn man die Daten der Suizide meiner Brüder hochrechnet, hätte ich "statistisch gesehen" 1997 Selbstmord machen müssen). Mitte 2000 begann ich, mir Gedanken zu machen, wieso jemand mit einer Erleuchtung eine Depression bekommen kann. Ich fand heraus, dass ich trotz Erleuchtung den Konflikt in meiner Ehe nicht gelöst sondern weiter ertragen, verdrängt und Gefühle unterdrückt hatte. Ich beschloss, den Konflikt zu thematisieren und meine Gefühle wieder leben zu lassen. Da es nicht möglich war, den Konflikt zu lösen, trennte ich mich von meiner Frau. Ich ging andere Beziehungen ein, konnte durch Weinen alte, verdrängte, bisher "ungefühlte" Gefühle endlich angemessen fühlen und loslassen. Ich erkannte (mit 55!) in der
Psychotherapie, dass ich nie wirklich lieben gelernt hatte. Aber jetzt konnte ich endlich daran arbeiten, diesen Mangel zu beheben.

Ich glaube heute, dass es unser aller eigentliche Natur und in jedem von uns angelegt ist, wirklich – bedingungslos - lieben lernen zu können und wirklich – bedingungslos - glücklich zu sein. Was uns daran hindert, ist die kollektive (Zivilisations-)Neurose, die durch Selbst-Entwicklung - Entwicklung des wahren, höheren, Selbst - überwindbar ist.

 

 

 

Lebens-Energie: Gewinn und Verlust

Wolfgang Heuer, 3.11.2007 

 Vorbemerkung:

Nach 15 Jahren bewußter Selbst-Entwicklung ist meine Überzeugung diese: Ganzheitliche – vor allem: seelische Gesundheit - und das Bewußtsein davon, ein glücklicher - oder nicht glücklicher - Mensch zu sein, haben sehr viel damit zu tun, wie stark oder schwach die Lebensenergie / Liebe in uns fließt bzw. wie groß das davon abhängige Energie-Potential in uns ist. Oder etwas anders: Ist abhängig davon, wie sehr wir entweder im Bewußtsein unserer körperlichen oder unserer geistig-energetischen Existenz sind. Das Wissen von der Liebe/Lebensenergie, von ihrer Qualität, ihren Eigenschaften und Wirkungen sowie die Bereitschaft, dieses Wissen praktisch zu nutzen, ist nach meiner Auffassung maßgeblich für die Fähigkeit, gesund und glücklich zu sein, zu werden bzw. dauerhaft zu bleiben.

Optimale seelische Gesundheit ist aus meiner Sicht das Bewußtsein, ein bedingungslos glücklicher Mensch zu sein; der seelische Zustand des Menschen, in dem er unter allen Bedingungen bereit ist, sich selbst so zu akzeptieren wie er ist und alles, was ist, so zu akzeptieren, wie es ist. In diesem – gelassenen, entspannten – Zustand fließt die Lebensenergie optimal und hat der Mensch die Möglichkeit, sein optimales Lebensenergie-Potential zu erreichen und sich wohl zu fühlen. Außerdem hat er in diesem Zustand die maximale Kraft, sein Leben, seine Zukunft, zu gestalten und die Dinge zu ändern, die er ändern möchte.

Was ist die Lebens-Energie:

In Anlehnung an Atom- und Quantenphysiker sowie Mystiker gehe ich heute davon aus, daß der Grund(bau)"stoff" des Universums nicht "Materie" ("grobstofflich") ist, sondern: "feinstoffliche" Energie - die universelle Energie. Was wir und unsere Wissenschaft bisher "Materie" nannten, ist nur komprimierte Energie. Die kleinsten Teilchen, die man festgestellt hat, nennt man "Quarks" – und die sind "Wechselbälger": sie treten manchmal als Energie (Welle) und manchmal als Materie (Partikel) in Erscheinung. Und welches von beidem sie sind oder tun, ist sehr von ihrem Beobachter abhängig. Genaueres erfährt man aus der Literatur dazu - oder z.B. aus dem Film "What the bleep do we (k)now?".

Meine spirituelle Sicht dazu: Wenn diese universelle Energie in mir fließt, spüre ich das als Freude, Wohlgefühl, als Glücks"gefühl". Nach meiner Definition ist Liebe die Energie, Freude das Gefühl, das von ihr ausgelöst wird und Glück ist das Bewußtsein davon, daß ich Teil dieses ewigen Prinzips bin.

Das größte Ganze, das zu erkennen ich fähig bin, ist das Universum, das Weltall, der Kosmos - Gott. Dieses größte Ganze ist aus meiner Sicht ein riesiges Kraftfeld, ein Energiefeld. In diesem Energiefeld gibt es Zusammenballungen, "Schlieren", von Energie – das sind die Materie"klumpen" Planeten, Sonnen, Sonnensysteme, Spiralnebel, "Milchstraßen". Aber in und zwischen den "Materieklumpen" gibt es Kraftfelder bzw. das eine, große, allesumfassende Kraftfeld. Dazu kommt, das dieses – möglicherweise unendliche – Kraftfeld lebendig und intelligent ist. Es handelt sich um SEINS-Energie, um BEWUSST-SEINS-Energie. Diese Energie ist laienhaft gesagt: magnetisch / elektrostatisch. Die "Teilchen" / "Partikel" dieser Energie ziehen einander an. Man könnte sagen, sie lieben einander, fühlen sich zueinander hingezogen, wollen sich vereinigen. Diese universelle, magnetische, liebende, bewußte und intelligente schöpferische Energie ist für mich auch (ein Aspekt von) Gott. Daher komme ich zu folgender Verkettung von Begriffen und Eigenschaften:

Sein = Bewußtsein = Geist = Gott = Energie = Kraft = Schwingung = Liebe = Macht = Gesetz (???)

Wie spüren wir diese Energie?

Freude ist das primäre Gefühl, das natürliche Haupt-Gefühl, des Menschen; das hat inzwischen sogar die begrenzt-einäugige Wissenschaft festgestellt. Unsere Altvorderen aber haben das auch ohne diese Wissenschaft schon immer gewußt - und vermittelt. Ein Leben in Liebe ist ein Leben in Freude und im Bewußtsein von Glück. (Wirklich) glücklich ist der Mensch, der – wirklich - lieben kann. Wirklich lieben heißt, mich selbst – bedingungslos - zu lieben so wie meinen Nächsten und umgekehrt und, sogar meine "Feinde" zu lieben – auch die Menschen oder Dinge, die mir unbequem sind. Aber ich kann sie als Möglichkeit erkennen, zu lernen und sie deswegen ohne innere Widerstände annehmen oder sie sogar achten und wertschätzen. Wir spüren diese Energie, wenn wir Schönheit – z.B. in der Natur – bewundern. Wenn sie uns anzieht, berührt, bewegt, und wir ein Gefühl von Freude, Begeisterung, Dankbarkeit - oder Liebe - empfinden.

Wir spüren diese Energie auch, wenn wir sie geschenkt bekommen – soweit wir OFFEN dafür sind: Von Menschen, die uns lieben, die uns Aufmerksamkeit schenken oder an uns denken oder fühlen. Wahrscheinlich profitieren wir auch von der Aufmerksamkeit unserer Haustiere, Kinder, Mitarbeiter, usw. Vor allem aber profitieren wir von unserem eigenen Bewußtsein und unserer Aufmerksamkeit für uns selbst. Wir können uns geliebt fühlen, auch wenn es kein anderes irdisches Lebewesen gäbe, das uns liebt, indem wir uns selbst lieben. Das scheint sogar als "Placebo" zu funktionieren:

Wenn wir uns nur geliebt glauben, profitieren wir schon davon - geht es uns besser, als wenn wir uns nicht geliebt glauben. Wahrscheinlich manipulieren wir die Lebensenergie mit unserer Erwartung...

Im Gegensatz dazu berauben wir uns des wohltuenden  (Zu-)Flusses von Liebes-/Lebensenergie, wenn wir uns selbst nicht so akzeptieren, wie wir sind, uns also innerlich ablehnen und nicht lieben. Wir lenken damit nicht nur unsere eigene Liebe – göttliche Liebe - von uns ab, sondern "manipulieren" so auch unsere Mitmenschen, uns nicht oder nur begrenzt zu lieben. Das mündet evtl. in schwerer Krise oder konkreter psychischer oder psychosomatischer Störung bzw. Krankheit; evtl. auch im Suizid.

Für solche Krankheitsbilder sehe ich heute Ursachen, die zum Teil darin bestehen könnten, daß schon von Kindern zu viel Aufmerksamkeit gefordert wird bzw. Kinder dazu erzogen werden, sich zu wenig wohlwollende Aufmerksamkeit zu schenken oder solche anzunehmen. Das beginnt in der frühesten Kindheit – möglicherweise, weil die Eltern selbst schon so erzogen wurden. Schrecklich für Kinder, von denen ständig unter Androhung von Strafe, Aufmerksamkeit, Bewußtseinsenergie, gefordert wird. Kein Wunder, daß ich Schule und Elternhaus überwiegend sehr anstrengend, auslaugend, empfand und immer große Sehnsucht danach hatte, mich draußen, im Freien, im Grünen, in der Natur aufzuhalten. Da ging es mir viel besser. Warum wohl zieht es so viele Menschen ins Grüne, in Kleingärten oder im Urlaub in die Natur? Weil wir dort Energie "tanken" können: universelle, göttliche (Lebens-)Energie.

Warum finden wir insbesondere kleine Kinder, Babies, so süß und anziehend? Weil sie noch natürlich, unverbildet, unkontrolliert sind und voll die Liebe fließen lassen – vorausgesetzt sie fühlen sich wohl. Wenn sie aber leiden, weinen, schreien, sind sie nicht entspannt, sondern angespannt und die Liebe / Lebensenergie fließt viel weniger - und dann ist es oft auch erstmal vorbei mit dem Süßfinden.

Im Laufe unserer Sozialisation/Erziehung erleben wir Traumata und Entbehrungsphasen, die uns – unbewußt oder bewußt – leiden machen und aufgrund dieser inneren Blockaden die Liebe am Fließen hindern. Deswegen geht es so vielen nicht gut. Liebesenergie ist darin nicht anders beschaffen als der elektrische Strom: Bei zu viel Widerstand fließen beide schlechter - und können schlecht Leistung bewirken. Die Liebesenergie, die nicht fließt, kann keine Freude, Gesundheit oder Glücksgefühl erzeugen und der elektrische Strom bringt bei zu viel Widerstand keine Glühbirne zum Leuchten oder Elektromotor zum Laufen. Im Buch "Das LOL²A Pinzip" von René Egli wird LOL²A Erfolgsprinzip genannt und als Formel in seiner Wirkung folgendermaßen beschrieben: Je mehr wir Loslassen (LO) und entsprechend mehr Liebe (L) zulassen bzw. leben – die dabei im Quadrat zunimmt -, desto mehr Aktion = Reaktion (A) erfolgt. Die Formel entspricht lt. Egli dem Ohm‘schen Gesetz.

In den "Prophezeiungen von Celestine" heißt es, daß ich diese Energie bei anderen umso mehr wahrnehmen kann, je mehr ich selbst über diese Energie verfüge. Ich registriere bei mir selbst seit Jahren die Fähigkeit, die besonders starke Ausstrahlung bei einigen von den Menschen feststellen zu können, die die Diagnose "Psychose" haben. Diese Ausstrahlung ist wie ein überirdisches Leuchten, ein Glanz, von dem ich nicht sagen kann, wo seine Quelle ist. Es ist eine Aura von Schönheit, die unabhängig ist von der körperlichen Gestalt; eine unbeschreibliche Lieblichkeit, die mich anzieht und fasziniert, wie kaum etwas anderes auf der Welt. Einige dieser Menschen strahlen so intensiv, daß ich sie entweder spontan umarmen möchte (selbst wenn ich ihnen gerade erst begegne) oder die betreffende Person am liebsten ständig in meiner Nähe hätte.

Daß einige der Menschen mit dieser Diagnose so intensiv strahlen und andere auch gar nicht – ganz im Gegenteil: von denen manchmal auch etwas sehr düsteres, negatives ausgeht, hat mich dazu veranlaßt, darüber nachzudenken, daß es wahrscheinlich zwei grundsätzlich verschiedene

->Ursachen von Psychosen gibt. Dazu mehr an entsprechender anderer Stelle.

Wo wird die universelle Energie sichtbar?

Normalerweise sehen wir sie nicht, weil sie ein Teil von uns – wie von jedem Wesen, von allem – ist und, weil diese Energie "feinstofflich" ist und unsere Augen "grobstofflich". Selbst bei einigen Arten von Materie (z.B. Gase) versagen unsere Augen und wir können sie nicht sehen. Unter besonderen Bedingungen jedoch können wir die Energie nicht nur fühlen, spüren, sondern sogar sehen. Manche Menschen können die (Energie-)Aura anderer sehen. Auf Bildern religiöser Darstellungen wird sie als "Heiligenschein" symbolisiert. Nach der Darstellung in der Bibel soll Moses, als er "auf den Berg" ging, den sogenannten "brennenden Busch" gesehen haben. Ich glaube, daß er evtl. einen "glühenden", "leuchtenden" oder "strahlenden" Busch gesehen hat: die Energie-Aura dieses Busches. Außerdem heißt es, Moses habe an seinem Kopf Energie-Ausstrahlungen gehabt, als er vom Berg zurückkam. Ich halte das nicht für Erfindungen, sondern für Wahrheit. Mir hat auch schon einmal ein Mensch gesagt, daß er das Anschwellen meiner Aura bemerkt hätte.

Menschen können zeitweise, unter besonderen seelischen und/oder energetischen Bedingungen, besonders sensibilisiert sein, so daß sie diese für sie sonst nicht sichtbare Energie sehen. Eine andere Version des "Sehens" dieser Energie ist, daß einem die "besondere Ausstrahlung" einiger Menschen auffällt; wobei viele Menschen, die diese Wahrnehmung haben, nicht sagen können, woher diese Ausstrahlung kommt oder worin das Besondere besteht. Ich glaube, daß es sich dabei um solche Menschen handelt, in denen die universelle Energie überdurchschnittlich stark fließt – oder ich selbst bin, wenn ich diese Wahrnehmung habe, überdurchschnittlich sensibilisiert und/oder selbst gerade besonders von dieser Energie durchströmt. Möglicherweise handelt es sich um "höhere Schwingung".

Diese Energie macht denjenigen, den sie durchströmt (und von dem sie ausstrahlt), sehr anziehend. Es ist, als sei dieser Mensch die Liebe und Glückseligkeit in Person und man hat das Bestreben, dieser Person nahe zu sein und sie anzusehen und sich an der Ausstrahlung zu erfreuen, zu "wärmen". Freund Peter Wenzel schreibt, daß der menschliche Körper – bzw. sein energetischer "Geist"-körper, auch eine Geistkraft-"Antenne" sei, mit der Energie wahrgenommen werden könne.Innere Widerstände

Die Liebe (= universelle Energie) kann umso weniger in uns bzw. durch uns fließen, je mehr innere Widerstände (Blockaden) wir haben. Wie beim elektrischen Strom. Worin können nun innere Widerstände im Menschen bestehen, die die Liebe/Lebensenergie am Fließen hindern?

  • Jede Form von Ablehnung. Immer wenn ich jemand oder etwas nicht annehmen kann, nicht wahrhaben will; wenn ich jemand oder etwas verurteile, mich von Vorurteilen leiten lasse, bin ich im inneren Widerstand. Ohne inneren Widerstand annehmen heißt lieben. Was ich widerstandslos annehme, das liebe ich. Schwierig – aber nicht unlösbar – ist die Frage der unbewußten inneren Widerstände. Diese müssen erst einmal bewußt (gemacht) werden, bevor sie losgelassen, beseitigt werden können. Daher ist es wichtig, offen zu sein für alle Dinge; konkret auch für die, die in unserem Unbewußten, Unterbewußtsein liegen.
  • Alles, was wir ins Unbewußte, ins Unterbewußtsein verdrängt haben oder was ohne unser bewußtes Zutun dorthin verdrängt wurde, sollte – wieder - bewußt (gemacht) werden, damit es erkannt und in Liebe angenommen und bearbeitet und losgelassen werden kann.
  • Jede Art von eigener – verkrampfter, ausschließender - Erwartungshaltung und – ängstlicher - Neigung, den Erwartungen anderer zu entsprechen. Weil ich mich so davon abhalten lasse, wirklich ich selbst zu sein. Das aber bedeutet, mich nicht so anzunehmen, wie ich wirklich bin und das bedeutet, mich nicht wirklich zu lieben.
  • Jede Art von auch körperlicher Verspannung, Verkrampfung, Angst oder angestrengter, nicht entspannter Aufmerksamkeit. Solche Art von "Streß" führt zu – geistiger und muskulärer - Daueranspannund und Verspannung. Das hemmt erheblich den Fluß der Liebe/Lebens-Energie.

Es gibt immer bewußte und unbewußte Anteile. Aber auch die unbewußten lassen sich erkennen, lösen, beseitigen – wenn man die offene bzw., aufgeschlossene Haltung einnimmt, für alle Hinweise offen zu sein und aus tiefstem Herzen wünscht, daß alles Verdrängte, unbewußt gewordene, wieder bewußt werden möge, damit es bewußt erkannt und bearbeitet werden kann. Der Mensch sollte bestrebt sein, daß er "in Ordnung kommt". Die not-wendigen Entwicklungsschritte sind u.a. das Lernen der Überwindung der Herrschaft von Angst und Bereitschaft zu Selbst-Erkenntnis und Selbst-Entwicklung.

("Angst überwinden" heißt nicht: gar keine Angst mehr haben oder spüren, sondern: Angst spüren, aber die Kraft aufzubringen, trotz der Angst das zu tun, was als das richtige oder bessere erkannt wird.)

Indirekte Auswirkungen

So wie die Freude das primäre Lebensgefühl ist, wenn Liebe = universelle Energie in uns fließt und Glück(lichsein) das dazu gehörige Bewußtsein, so gibt es eine entsprechende konstruktive Grundhaltung, die wir innehaben und einzelne konstruktive Fähigkeiten, über die wir verfügen. Wenn wir hingegen nicht über die Liebe verfügen und sie nicht in uns bzw. durch uns fließt, erkennen wir uns nicht als glücklich und verfügen auch nicht oder nur selten über die konstruktiven Fähigkeiten.

Solche konstruktiven Fähigkeiten sind Vertrauen und Zuversicht, Toleranz und Geduld, Hingabe und Demut, Wertschätzung und Achtsamkeit. Wo keine oder zu wenig Liebe fließt, herrschen eher Angst, Unsicherheit und Zweifel, Intoleranz und Hochmut, Ungeduld und Feindseligkeit – negatives statt positives Denken.

Immunsystem:

Ich gehe davon aus, daß das hinlänglich bekannte, auch von der Schulmedizin immer wieder benannte "Immunsystem" nicht nur biologisch-chemisch – also "materiell" funktioniert. Es gibt ja auch den Ausdruck "psychoneurobiologisch" in diesem Zusammenhang, ich weiß aber nichts genaueres darüber. Jedenfalls gehe ich davon aus, daß das Immunsystem auch eine wichtige, wesentliche, energetische Seite bzw. Komponente hat und daß der Mensch weniger anfällig für Krankheitserreger und Krankheiten ist, wenn er gut mit universeller Energie versorgt ist und, daß er entsprechend anfälliger ist, wenn er weniger gut energetisch versorgt ist. Ich selbst jedenfalls erlebe in den letzten Jahren, in denen ich mich für energetisch besser versorgt halte, daß ich die früher häufigen Infektionen nun sehr viel seltener habe.

Psychische Störungen / Erkrankungen:

Ty C. Colbert ("Das verwundete Selbst", BEUST, 1999) geht davon aus, daß die gemeinsame tiefere Ursache aller psychischen Störungen / Erkrankungen immer eine Verwundung des Selbst, eine ungeheilte seelische Verletzung ist. Solche alten Verletzungen behindern den Fluß der Liebe / Lebensenergie.

Es mag für einige Störungen/Erkrankungen auch – vordergründig betrachtet - nicht-energetische, also "materielle", stoffliche Ursachen geben – wenn z.B. irgendwelche Spurenelemente, Enzyme, Vitamine oder sonstigen "Stoffe" fehlen. Möglicherweise haben aber solche stofflichen Mängel auch psychisch-energetisch (Mit-)Ursachen. Beispiel: Pyrrolurie = "Schizophrene" Symptome aufgrund von Mangel an Vitamin B6 und Zink. Leider interpretiert die Psychiatrie heute – zu – viele psychische Erkrankungen als "stofflich" verursacht, z.B. als "Störung des Hirnstoffwechsels" und korrigiert das – aber nur oberflächlich und nicht ursächlich – mit Psychopharmaka.

Ursachen von Psychosen:

Der Unterschied zwischen den Ursachen von Psychosen und z.B. der Depression ist, daß es vor der Auslösung der Psychose oft – aber nicht immer - zu einer mentalen Überforderungssituation kommt. Wenn ein unlösbar scheinender innerer Konflikt entsteht oder sich eine Konfliktsituation sich so zuspitzt, daß man sich von ihr überfordert fühlt (Energie-Verlust!), wird man "verrückt". Das heißt im Falle der "Schizophrenie" – der "kognitiven Psychose" – daß der rationale Verstand außer Kraft zu sein scheint und der Betroffene in seiner geistigen Innenwelt (rechte Hirnhälfte) "verschwindet". Das Gegenstück dazu ist die "affektive Psychose", in der der Betroffene – wie z.B. in der Manie - fast völlig in der materiellen Außenwelt "aufgeht" (linke Hirnhälfte) und den Bezug zu seinem gefühlsmäßigen inneren "Regulativ" bzw. "Zensor" verliert. Ich gehe heute davon aus, daß das gelenkt wird durch unerträgliche, unaushaltbare innere Konflikte/Traumata, die entweder in der linken oder rechten Hirnhälfte bewußt werden und daß die Bewußtseinsenergie in die jeweils andere Hinrhälfte sich verlagert (vor dem Schmerz des Konflikts / des Traumas dorthin sich "flüchtet").

Von einem Heilpraktiker, der mit einem Reiki-Meister zusammenarbeitet, hörte ich vor kurzem von einer sehr schwer von Psychose Betroffenen, in der lt. Anzeige der Geräte des Heilpraktikers keine Energie floß und in die zu dem Zeitpunkt auch keine Lebensenergie hineinzubekommen war, wie der Reiki-Meister beim Versuch von Energieübertragung feststellte. Offenbar war diese Frau innerlich so verspannt, so im Widerstand (voller Angst, Ablehnung, Lebensverneinung oder ähnliches), daß sie nicht einmal die Energiespende eines wohlmeinenden Helfers auf- bzw. annehmen konnte.

Manie – oder andere "aktive" Formen von Psychose oder anderer psychischer Störung ("agitierte Depression") - ist bzw. sind m.E. kein Überfluß an Lebensenergie, sondern ebenfalls MANGEL – nämlich Mangel an der hochqualitativen, guten, wohltuenden spirituellen Energie. Diese Menschen sind – manisch - auf der Suche nach (Quellen von) Lebensenergie: z.B. Aufmerksamkeit, etc., bekommen diese aber durch ihre aggresive Art nur sehr begrenzt, weil sie auf Ablehnung stoßen. Die Manie ist wie ein – verzweifeltes – Aufbäumen zwischen Phasen von Depression, die eben auch als Mangel an – guter – Lebensenergie gedeutet werden kann.

Spirituelle Dimension von Psychosen:

Das meint die Begegnung mit der göttlich-geistigen Dimension bzw. Energie in uns. Im gesunden Zustand können wir uns dieser durch Versenkung, Kontemplation, Meditation annähern und ihr begegnen. Dazu gehört, daß man die – manchmal sehr intensive - innere Begegnung, wenn sie tatsächlich geschieht, auch aushalten kann. Es gibt, wie es scheint, Menschen, die – auch evtl. ohne entsprechende Absicht – dieser göttlichen Dimension und Energie in sich selbst begegnen und die von der Art und Größe dieses Erlebens überwältigt und z.T. auch mental völlig überfordert sind. Wenn sie das, was sie da erleben, nicht akzeptieren, nicht verstehen, nicht einordnen, nicht fassen können, kommt es zur mentalen Überforderungssituation und zum "Verrücktwerden"; zu dem, was Psychiater "(schizophrene) Psychose" nennen. DAS scheint mir die Situation zu sein, die in der Weihnachtsgeschichte der Bibel symbolisch dargestellt wird in der Situation, wo den Hirten auf dem Feld ein Engel erscheint und zu ihnen sagt: "Fürchtet euch nicht". Denn der einfache, auf die Begegnung mit dem Göttlichen nicht vorbereitete, Mensch, wird sich in der Regel zunächst einmal "fürchten"...

Eine ganz andere Entstehungssituation ist die, daß ein Mensch durch seine Lebenssituation in Privatleben und Beruf in einen inneren Konflikt kommt. Wie z.B. bei Eintritt in die Bundeswehr die Vorstellung, evtl. andere Menschen verletzen oder töten zu sollen; oder den "Loyalitätskonflikt" zwischen der Loyalität gegenüber einer nahen Bezugsperson (Mutter/Vater) und der Loyalität zur eigenen, individuellen Entwicklung und Lebensplanung und –durchführung bzw. weiteren geliebten Menschen (Freunde, Liebes-/Lebenspartner). (Klaus Mücke: "Die psychotische Krise" Öko-Systeme-Verlag, Potsdam).

Ich selbst kenne die Situation, daß ich nach dem plötzlichen, für mich unbegreiflichen, Suizid meines jüngsten Bruders meine gesamte Lebenssituation als quälend und unerträglich empfand und einen Augenblick lang mein Leben wegwerfen wollte. Eine kurze Zeit setzte mein Verstand aus. In solchen Situationen, in denen man mit seinen bewußten Kräften nicht weiterweiß, nicht weiterkann und innerlich aufgibt, hat man die Chance, die latent immer in sich vorhandene göttliche Dimension und Energie zu spüren; zu erleben, daß sie sich auf die eine oder andere Art bemerkbar macht. Meine Großmutter kannte dazu den Spruch: "Und wenn du denkst, es geht nicht mehr, dann scheint von fern ein Lichtlein her". Plötzlich entdecken wir, daß wir nicht nur Fleisch und Blut, nicht nur ein Klumpen Materie sind, sondern noch etwas weiteres, höheres. Wir erkennen das Göttliche als einen Teil von uns bzw. uns als einen Teil des Göttlichen. Das beschreibt m.E. symbolisch die Weihnachtsgeschichte in der Bibel: Den Augenblick, da unser "Christus-Bewußtsein" geboren wird, "zur Welt kommt". DAS sagt mir die Geburt von Jesus Christus im Stall in Bethlehem. Unter (erb)ärmlichen Verhältnissen kommt es zur Welt, in der Nacht, d.h., wenn es am dunkelsten in unserem Leben ist.

Entsprechend hat man diesen Tag mit dem 24. Dezember auch in den dunkelsten Tagen des Jahres angesiedelt: Kurz nach der Wintersonnenwende – wenn es wieder heller wird. Und auch das ist Symbolik: Wenn wir diese göttliche Dimension von uns erkennen und uns von ihr unterstützt und getragen fühlen können, dann wird es wieder heller in unserem Leben – und möglicherweise viel heller, als es jemals zuvor gewesen sein mag.

Gewinn und Verlust von Lebensenergie:

Unsere großen Physiker wie Heisenberg, Planck, Einstein und andere haben schon vor langer Zeit festgestellt, daß Materie – bis hinunter zu den Atomen - zu etwa 99 % aus Zwischenräumen besteht, in denen Kraftfelder sind. Und die Atomkerne und ihre kleinsten Bausteine, die Quarks, sind wiederum: Kraftfelder! Also ist letzlich alles, was ist, das ganze Universum: Energie! Möglicherweise kann man auch von (einem, universellen) Energiewesen sprechen, von (einem) Superbewußtsein. Denn es spricht alles dafür, daß diese Energie intelligent ist. Und sie ist uns freundlich gesonnen! Einstein soll gesagt haben, er sei gewiß, in einem freundlichen (oder sagte er "liebevollen"?) Universum zu leben.

Auch wir Menschen bestehen also zu ca. 99 % aus Zwischenräumen und den besagten Atomen und Quarks – also letztlich: auch vollständig aus dieser freundlichen Energie, Lebensenergie, die wir auch Liebe, Bewußtsein, Aufmerksamkeit und anders nennen können. Der materiell-körperlich denkende Mensch weiß von seinem – materiellen - "Stoffwechsel". Er nimmt Nahrungsstoffe auf, verarbeitet sie und gibt an verschiedenen Stellen seines Körpers auch Stoffe wieder ab. Ein Teil der Nahrung wird in Energie umgewandelt. Wir nehmen aber auch direkt Energie – Lebensenergie – aus unserer Umwelt auf und geben selbst Energie ab. Man könnte neben dem bekannten Stoffwechsel von einem parallelen "Energiewechsel" sprechen. Wir nehmen Lebensenergie auf und geben sie auch ab – und scheinbar profitieren wir selbst von diesem Fluß von Lebensenergie. Möglicherweise erzeugen wir selbst auch welche – oder haben die Fähigkeit, "niedrigschwingende" Energie, Energie von "niedrigerer" Qualität in "höherschwingende" Energie zu verwandeln, in Energie von "höherer" Qualität. Man wird sehen...

Seit einiger Zeit gibt es Literatur zu den Themen "Nullpunktenergie" bzw. "Nullpunktfeld". Das ist Energie, die man bisher für völlig unmöglich hielt, nämlich Energie, die beim absoluten Nullpunkt (minus 273 Grad) jetzt festgestellt wurde.

Ansonsten finden sich zahlreiche Hinweise auf die kosmische, universelle und Lebensenergie, wenn man zum Beispiel im Internet recherchiert und Stichworte eingibt wie "Lebensenergie, Bioenergie, Orgon-Energie, Seins-Energie, Ki, Reiki, Tai Chi, Chi Gong, Prana, Kundalini und ähnliches. So ziemlich alle Kulturen kennen diese Energie. Nur in der westlichen Zivilisation ist sie aus dem "normalen" Leben ausgegrenzt worden. Da sie nach den Kategorien der etablierten Wissenschaft nicht zu dieser Welt gehört. Descartes hat mit seiner Deklaration, daß "der Geist beziehungslos neben der Materie" existiere, der Kirche das Recht auf freies Forschen abgerungen. Aber das geschah um den Preis, daß ein wichtiger Teil unserer Lebenswirklichkeit, der vierte Aggregatzustand von "Materie", der "energieförmige" Zustand (neben "fest/flüssig/gasförmig") ausgeklammert, ausgeblendet, wurde.

Da aber die energetische Komponente des Seins unabweisbar und unverzichtbar ist, brauchen wir sie unabdingbar für unsere Gesundheit und unser Leben. Ohne (Bewußtsein für / Beachtung der) Lebensenergie wird es irgendwann keine Gesundheit, keine Freude, kein wirkliches "Glücklichsein" und dann auch kein "Leben" mehr geben...

Auch wenn ich es an anderer Stelle schon geschrieben habe, möchte ich – zur Erinnerung und Ermutigung! – hier noch einmal darauf ansprechen:

Die Aussage, die Einstein zugeschrieben wird, daß wir normalerweise nur 10% unseres geistigen Potentials nutzen, wird von den meisten Menschen zu wenig oder gar nicht – richtig - verstanden. Es geht nicht nur um Potential an – rationalem – Verstand; es geht weniger um theoretisches Wissen, um Denken oder Gedächtnis, sondern vor allem um bessere Nutzung des ENERGETISCHEN Potentials!

Wenn wir nur 10% unseres Lebensenergie-Potentials nutzen, heißt das in der Konsequenz, daß wir nur 10% unseres Potentials an Gesundheit, Begeisterung, Freude und Glücklichsein kennen!

Und – wie auch schon an anderer Stelle gesagt - es geht nicht darum, weitere 90% von der Art zu erlangen, dessen Dimension wir bis jetzt kennen, sondern es geht um das Kennenlernen und nutzen einer ganz anderen, höheren und für die allermeisten völlig neuen Dimension des Lebens und Seins.

Stellen Sie sich vergleichsweise vor, Ihr Lebens"film" wäre bisher nur als Stummfilm und in schwarz-weiß gelaufen und Sie finden nun heraus, daß er auch mit Ton, in Farbe und 3-D laufen könnte!

Im folgenden der – vorläufige – Überblick an Verhaltensempfehlungen für Menschen, die unter Mangel an Lebensenergie leiden und mit psychischen oder psychosomatischen Störungen bzw. Erkrankungen oder Frühsymptomen oder irgendwelchen Problemen zu tun haben:

  1. Innere Widerstände abbauen. Loslassen lernen. Entspannte Grundhaltung anstreben. "Nichts begehren, nichts verweigern". Unsicherheit/Angst überwinden. Daueranspannung, Ablehnung usw. aufgeben. Positiv und konstruktiv statt negativ und destruktiv denken (und handeln!).
  2. Mehr – wirklich - lieben (sich selbst, alle Mitmenschen, Leben, Natur, Schöpfung, Gott, usw.). Das Gute am "Schlechten" erkennen. Probleme als Herausforderungen und "Geschenke" betrachten.
  3. Mit liebevoll-entspannt-konstruktiver Aufmerksamkeit im Hier und Jetzt bei sich selbst und anderen sein - statt mit angespannt-ängstlich-destruktiver Aufmerksamkeit, in Vergangenheit oder Zukunft oder Phantasiewelt oder bei Geschehen, das weit weg von mir und meiner Wirklichkeit ist.
  4. Möglichst lebendige Nahrung essen (Frisches Obst, Gemüse, Salat). Genügend Wasser trinken. Sich im Freien aufhalten – besonders im Grünen und in der Nähe von Wasser. Natürliches Licht tanken – auch bei Bewölkung. Evtl. Kraftpunkte suchen und sich dort aufladen. Sich bewegen.
  5. Natürlich gewachsene Rohstoffe bei Kleidung (Baumwolle, Wolle, Seide) und Hausbau (Holz, Stroh, Naturstein) bevorzugen. Künstlich hergestellte Stoffe (Stahlbeton, Kunstfaser, Stahl, Glas, Kunststoff u.a.m.) sind wenig durchlässig oder anziehend für das CHI (Feng Shui) / Lebensenergie.
  6. Aus Situationen heraushalten, die unnötig Energie kosten. Zitat: "Wo du nicht lieben kannst, da geh‘ vorüber!". Liebevoll für sich sorgen. Aber nicht: sich sorgen (machen)! Nicht grübeln!
  7. Energieschnorrer meiden (Menschen, die einen mit unnötigem Zeug vollschwatzen, nur um Aufmerksamkeit zu bekommen). Es sei denn, man beherrscht die Technik, einem solchen Menschen Aufmerksamkeit zu schenken und gleichzeitig Energie aus dem Kosmos "nachzuladen"!
  8. Dinge denken, fühlen und tun, die Freude bereiten, denn immer wenn man Freude spürt, fließt Liebe / Lebensenergie. Und umgekehrt: Immer wenn Liebe fließt, spüre ich Freude/Lebensenergie.
  9. Immer wenn ich schöne Dinge sehe oder erlebe, fließt auch Lebensenergie, denn die Bewunderung von Schönheit (z.B. in der Natur, Kunst, bei Menschen) ist Freude bzw. Liebe / Lebensenergie.
  10. Magnetismus nutzen. Wenn man sich im Erdmagnetfeld bewegt, "pumpt" sich das Energiefeld des Menschen auf. Das geht mit Wandern, Walken, Joggen (mäßig!), radfahren usw., aber auch mit Tanzen und anderen Bewegungen. Hüpfen auf dem Trampoline ist auch eine Möglichkeit. Muskeln, die sich zusammenziehen und wieder entspannen, nehmen Energie auf und geben sie wieder ab. In akuten oder schwierigen Fällen können Magnetprodukte bzw. Magnettherapie helfen – allerdings nur marginal; völlige Heilung einer Psychose kann man von einer magnetischen Bandage oder Halskette nicht erwarten.
  11. Nutzen Sie Möglichkeiten der Entspannungsübungen und Energiearbeit: Autogenes Training, Yoga, Tai Chi, Qi Gong, Meditation. Es gibt viele Wege und Möglichkeiten. Aber auch hier gilt: Alles in Maßen und in Gelassenheit. Nicht hetzen, nicht verkrampfen – und alles ohne Angst oder Zweifel. Tun Sie nur das, was Sie guten Gewissens und mit Überzeugung tun können. Alles andere könnte schon wieder schädlich sein.
  12. Danken Sie, wann immer Sie können, für was immer Ihnen einfällt. Danken ist lieben. Wenn Sie von Herzen danken, lieben Sie das, wofür Sie danken. Und wenn Sie lieben, lieben Sie nicht nur das, wofür Sie danken, sondern gleichzeitig auch sich selbst und das "Ganze" – das Universum; bzw. Gott. Danken Sie auch für vermeintliche Kleinigkeiten, für Selbstverständlichkeiten, für das ganz alltägliche und normale. Sie werden feststellen, daß es sehr vieles gibt, wofür man danken kann. Danken Sie auch für die sogenannten "schlechten" Erfahrungen. Denn auch von denen lernen sie und sie prägen Ihre Persönlichkeit. Sie können sich Ihre Gesundheit, Ihr Lebensglück regelrecht "herbeidanken". Denn wenn Sie für etwas danken, das noch nicht (in der gewünschten Art) da ist, dann ziehen Sie es mit dem Danken an.

Hier ist zwar jetzt das Ende dieses Beitrags, aber ich glaube, es gibt noch vieles zu ergründen und zu vertiefen. Ich bitte ggf. um Kritik, Fragen und Anregungen oder jegliche Hinweise zu diesem Thema. Vielen Dank im voraus.

 

 

 

„Religiöses Erleben im Umfeld psychischer Krisen“  

 

von Wolfgang Heuer

 

Vortrag am 9.12.2008 in der Uni-Klinik Eppendorf in Hamburg, in der Vorlesungsreihe „Anthropologische Psychiatrie“.

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich danke Ihnen, dass Sie es auf sich genommen haben, hierher zu kommen um zu hören, was ich zu sagen habe. Ich werde mein bestes geben.

 

Ich danke den Verantwortlichen der Vorlesungsreihe für die Einladung in diese sozusagen „Heiligen Hallen der Wissenschaft“, dass ich hier zu etwas sprechen darf, das mit den Mitteln der Wissenschaft, wie sie im Allgemeinen verstanden werden, nicht ausreichend oder angemessen erfasst, bewiesen oder erklärt werden kann.

 

Das typische wissenschaftliche Weltbild, welches aus heutiger Sicht von René Descartes in der Hauptsache definiert wurde – deswegen auch „cartesianisches“ Weltbild genannt -, sieht so aus, dass unsere Welt aus Materie besteht, und dass der Geist – was immer damit gemeint ist – völlig getrennt davon existiert.

Mit diesem Kunstgriff hat Descartes damals – gegen die Widerstände der Kirche – den Wissenschaftlern die Freiheit des Forschens abgerungen. Von da an gehörte die materielle Welt der Forschung und Wissenschaft und die geistige Welt der Kirche.


Diese Teilung der Welt in Materie und Geist war damals kein völlig neuer Gedanke, sondern entsprach einer Entwicklung, die sowieso schon seit langer Zeit im Gange war. Die Erklärung von René Descartes entsprach dem damaligen Bedürfnis und war der Auslöser zu der nun auch offiziellen Regelung.

Aus meiner Sicht ergibt sich daraus ein jahrhundertealter und bis heute bestehender Anspruch der Wissenschaft und – wie ich glaube: - einer Mehrheit der Wissenschaftler weltweit, unsere Welt allein auf der materiellen Ebene zu erklären – ohne Geist, ohne eine allem innewohnende schöpferische Kraft, ohne göttliches Bewußtsein, ohne universelle Energie oder Lebensenergie – oder wie immer auch Sie diese Seite des Seins nennen.

 

Ich bin also kein Wissenschaftler in diesem Sinne, kein Psychiater, kein Arzt oder ähnliches, nicht einmal Theologe oder Psychotherapeut oder Zugehöriger eines anderen Berufsstandes, der sich mit dem Religiösen Erleben von Menschen oder mit psychischen Krisen befasst.

Ich befasse mich nicht aus beruflichen Gründen mit diesem Thema, bin kein sogenannter „Profi“ – also Professioneller- , sondern gehöre – ganz im Gegenteil - zur Gruppe der Betroffenen, also zu denen, die Patienten oder Klienten der sogenannten Profis sind.

 

Die Gründe bzw. Ursachen dafür, dass ich Betroffener bin, liegen m.E. in den traumatischen Erfahrungen meiner Kindheit und Jugend. Ein wichtiger konkreter Auslöser jedoch geschah 1987, als ich 40 Jahre alt war. Der plötzliche Selbstmord meines jüngsten Bruders schockte und überforderte mich und ich geriet selbst in eine schwere mentale Krise mit konkreten Selbstmordabsichten.

Aber erst nachdem vier Jahre später auch der andere Bruder nach längerer Zeit der Depression Suizid beging, bekam ich Angst vor einem ähnlichen Schicksal und ich begann, nach dem Risikopotential dafür bei mir selbst zu suchen. Bei dieser Suche traf ich 1994 auf den Bundesverband Psychiatrie-Erfahrener und wurde Mitglied. Ende 1994 gehörte ich zu den Mitgründern des Hamburger Landesverbandes Psychiatrie-Erfahrener und lernte als aktives und Vorstandsmitglied in kurzer Zeit diese Szene kennen.

 

Meine heutige Diagnose lautet seit 1997 „Depression“; ich nehme nicht nur regelmäßig Medikamente ein, sondern arbeite auch seit 15 Jahren daran, die tieferen Ursachen und Auslöser meiner Depression zu entdecken bzw. daran, Persönlichkeitsentwicklung nachzuholen, wo dieses mir notwendig erscheint und ich arbeite daran, meine wahren Bedürfnisse besser zu erkennen, anzuerkennen und zu befriedigen.

Seit 1992 nenne ich diese Arbeit an mir selbst „Selbst-Entwicklung“.


Das meint nicht nur die Entwicklung der Persönlichkeit im psychologischen Sinne, sondern auch, das spirituelle Selbst zu entdecken und an seiner Entwicklung zu arbeiten. Aus meiner Sicht gehört es zur Natur des Menschen, irgendwann seine zweite, nämlich geistige, Identität zu entdecken und diese nicht zu verleugnen, sondern zu bejahen und sich dorthin zu entwickeln, und mit Vorrang aus dieser zweiten und höheren Dimension des Seins zu leben.

 

Daß diese zweite, geistige Identität des Menschen heute so wenig bekannt geschweige denn kulturell oder gesellschaftlich anerkannt ist oder ihre Entwicklung gefördert oder unterstützt wird, hat zu tun mit der Entwicklung der Zivilisation und der Entfremdung des Menschen von der Natur und wesentlich eben auch seiner inneren, vor allem geistigen Natur. Über diesen Mangel bin ich an mir selbst 1991 gestolpert und habe seitdem versucht, ihn zu beseitigen.

Eine Vielzahl gesellschaftlich verbreiteter Probleme und Missstände, unter anderem eben auch die zum Teil dramatische Zunahme psychischer Störungen und Erkrankungen hat mit der Entfremdung des modernen Menschen im zivilisatorischen Prozeß zu tun.

Hier tut sich ein großes Thema mit vielen interessanten und wichtigen Aspekten auf. Ich kann und will aber hier und heute darauf nicht weiter eingehen.

 

Zurück zum religiösen Erleben:

Ich denke, es ist auch hilfreich, einmal anzusprechen, was ich mit meinem Vortrag heute nicht meine. Ich meine nicht religiöses Erleben, das auf einer religiösen Erziehung oder auf einem bestimmten Glaubensbekenntnis und bestimmten Praktiken oder Ritualen beruht. Ich meine nicht etwa, ob und wie Menschen in psychischen Krisen ihre Beziehung zu Gott sehen oder erleben. Ich meine nicht, ob Menschen in psychischen oder Lebenskrisen sich von Gott gestützt oder gehalten sehen oder erleben. Es gibt Untersuchungen über unterschiedliche Heilungserfolge mit und ohne Gläubigkeit bzw. mit und ohne Beten oder andere religiöse oder spirituelle Praktiken.


Mit meinem heutigen Vortrag meine ich Menschen, die mit oder auch völlig ohne religiöse Erziehung oder selbst gewähltes Glaubensbekenntnis plötzlich irgendwie spirituell oder religiös getönte Gedanken oder innere Bilder haben; die nicht durch eigene Leistung ins Bewusstsein gekommen sind, sondern wie - von "außen" - eingegeben scheinen.

Mit dem hier gemeinten religiösen Erleben ist nichts von dem gemeint, was wir denken oder fühlen, wenn wir religiöse Inhalte aufnehmen, aus der Kirche oder dem Gottesdienst, aus der Bibel oder anderen religiösen Schriften, sondern hier ist jenes Erleben gemeint, das ohne erkennbare äußere Einflüsse zu uns kommt – von wo auch immer, aus dem eigenen Inneren oder aus einem nicht näher definierten unsichtbaren Außen.

.

Vor oder in psychischen Krisen - oder auch völlig unabhängig davon - treten Ideen, Gedanken, Gewißheiten oder Identifikationen religiösen Inhalts auf. Manche Menschen hören Stimmen, manche haben Visionen, manche haben plötzlich die Idee, sie seien Bruder von Jesus oder Braut Christi. Manche entdecken plötzlich, dass sie sich schon eine Weile mit religiösen Inhalten beschäftigen, ohne dass es eigentlich ihre bewusste Absicht war; andere erkennen plötzlich, dass sie etwas getan haben, was ebenfalls nicht ihre eigentliche Absicht war und können zunächst den tieferen Sinn solchen Tuns nicht erkennen, sich nicht erklären.

 

Eine schon vorher vorhandene religiöse Erziehung oder Orientierung ist aber weder Ursache noch Hindernis für die Art von religiösem Erleben, das ich meine.

Interessant fand ich die Aussage eines spirituellen Lehrers, des langjährigen maßgeblichen Vertreters der Unity-Lebensschule, Peter Wenzel, dass nach seiner Auffassung die – in diesem Falle: christliche - Religiosität nicht aus der Bibel stammt, sondern die Bibel stamme aus dem natürlichen von innen kommenden religiösen Erleben der Menschen. Er glaubt – und das glaube ich auch – selbst wenn man alle Bibeln und Aufzeichnungen biblischer Texte vernichten und selbst aus den Gedächtnissen der Menschen löschen würde, hätten wir dennoch schon nach relativ kurzer Zeit wieder etwas Vergleichbares. In der Bibel selbst heißt es sinngemäß: „Alle Schrift, von Gott eingegeben, ist nütze zur Lehre“. Womit die Bibel einräumt, dass es Gott ist, das göttliche Bewusstsein, dass sich im Menschen offenbart, das den Menschen diese Dinge eingibt.

Ich räume ein, dass ich ebenso wie der von mir sehr geschätzte Peter Wenzel und andere den Unmut und Widerspruch – gelegentlich auch Widerstand – der Kirche oder Kirchen erregen, weil viele ihrer Vertreter die Dinge anders sehen und verstehen. Meine hier vertretene Auffassung erhebt aber keinen Anspruch darauf, die allein richtige zu sein. Jeder Mensch darf sein eigenes Weltbild – und eben auch Gottesbild und Gottesverständnis – haben. Wenn Gott Liebe ist, wie des dem christlichen Verständnis entspricht, und zwar bedingungslose Liebe, dann ist logischerweise jedem Menschen auch die absolute Freiheit eingeräumt, wie er sich und sein Leben versteht und verwendet und ob er an Gott glaubt oder nicht – oder was ihm sein Glaube bedeutet. Ich will nicht missionieren, ich will versuchen darzulegen, welche Ursachen, Zusammenhänge und Chancen für andere Menschen ich sehe und verstehe also meine Ausführungen als ein Angebot. Nehmen Sie sich davon, was Sie brauchen können oder auch nicht und tolerieren Sie bitte meine Erfahrungen, meine Schlussfolgerungen und Meinung. Vielen Dank.

 

Über religiöses Erleben zu sprechen ohne ein Verständnis einer geistigen Dimension des Seins, die parallel zum materiellen Sein existiert, ist mir nicht möglich. Nicht mehr. Nicht nur meine eigene Wahrnehmung, mein Fühlen und Bewusstsein vermitteln mir den Eindruck, dass dieses Phänomen "religiöses Erleben" ursächlich nicht aus meinem materiellen Sein stammt, sondern aus einer höheren Dimension des Seins – nämlich der geistig-energetischen Dimension, welche nach meinem Verständnis über meinen materiellen Körper hinausreicht und welches zudem mit dem geistig-energetischen Kontinuum, das mich umgibt, eine ebenso geistig-energetische Verbindung hat. Damit meine ich nicht nur die geistig-energetische Aura anderer Menschen, sondern ich meine eine Art Über-Bewußtsein oder Supra-Bewußtsein, zu dem nach meiner Vorstellung wir alle gehören und an dem wir alle teilhaben können – wenn wir wollen. Wir haben die Freiheit, uns davon als getrennt zu betrachten oder als damit verbunden.

 

Im Laufe der Jahre seit 1994 in der Selbsthilfebewegung Psychiatrie-Erfahrener habe ich natürlich auch mit vielen anderen Betroffenen gesprochen, unter anderem auch vielen, die ein solches religiöses Erleben im Umfeld ihrer psychischen Krisen hatten. Bei manchen kam erst die Krise und dann ein irgendwie geartetes religiöses Erleben, bei manchen kam aber auch zuerst das religiöse Erleben und dann die Krise – möglicherweise, weil das religiöse Erleben so befremdlich und überfordernd erlebt wurde, dass es z.B. in eine Psychose führte oder zu der Idee, schwer psychisch krank zu sein und erst dann zur tatsächlichen Krise, Überforderung bzw. zu einer versuchten oder manchmal auch vollzogenen Selbsttötung.

 

In den letzten Jahren habe ich verschiedentlich in meinen Selbsthilfegruppen die jeweils Anwesenden gefragt, wer von ihnen im Umfeld seiner Krise religiöses Erleben gehabt habe – und es meldeten sich immer etwa die Hälfte der Personen. Einer von ihnen bekannte selbst, dass er Atheist sei und sich über seine „Erlösergedanken“, wie er es nannte, sehr gewundert habe und dass sie ihm sehr befremdlich vorgekommen seien. Die meisten aber berichteten, dass man in der Behandlung nicht mit ihnen über diese Phänomene gesprochen hätte, geschweige denn eine sinnvolle bzw. hilfreiche Erklärung hätte geben können.

 

Wer solche Dinge wie religiöses Erleben nicht deuten, nicht verstehen, nicht einordnen kann, verwirft sie möglicherweise als Wahn –  als krankhaft und sinnlos. Betroffene, die es nicht verstehen, fühlen sich davon überfordert und reagieren extrem; Psychiater, die es nicht verstehen, diagnostizieren meistens kurzerhand „Schizophrenie“ bzw. „Psychose“ – als Antwort auf ein Phänomen, das sich ganz simpel erklären ließe wie Pubertät, Eintreten der Geschlechtsreife, wie Schwangerschaft oder Geburt. Das sind auch alles Signale, daß etwas neues beginnt oder in Vorbereitung ist. Und genauso ist es beim religiösen Erleben. Es ist ein Signal, ein Hinweis auf die zweite, die geistige Identität des Menschen.

 

Da zeigt sich die spirituelle und kulturelle Verarmung der zivilisierten Gesellschaft, in der sich die meisten Menschen nicht mehr als Teil des göttlichen Ganzen erkennen. Denn darum geht es meistens in religiösen Ideen wie z.B. der Vorstellung: „ICH BIN JESUS“ oder „Ich bin (der) Erlöser“ oder „Ich bin GOTT“, oder ähnlich.

 

Diese „spirituelle Dimension“ von uns zeigt sich nach meinen Erkenntnissen nur in Situationen, da wir der (Alltags-)„Normalität“ weitgehend entrücken – entweder nach „oben“, wo wir vor Freude und Glück und voller Liebe und Lebensenergie uns mit dem Universum eins fühlen, oder nach „unten“, in Psychose oder Depression oder Suizidalität, wo das Leben am Ende scheint. Da aber meldet sich die göttliche Dimension in uns, entweder mit hörbarer Stimme oder als Vision oder innere Gewißheit, daß nicht alles zu Ende ist, daß wir noch ganz andere Möglichkeiten haben – weil wir jetzt erfahren, daß wir nicht nur menschlich-körperlich und sterblich, sondern auch geistig-göttlich sind.

 

Bereits aus meiner Kindheit kenne ich einen Spruch den ich seit einigen Jahren auf diese Situation beziehen kann. Er lautet: „Wenn du denkst, es geht nicht mehr, scheint von fern ein Lichtlein her“

 

Manche Menschen empfinden religiöses Erleben im Sinne von „mystisches Erlebnis“ sehr erhebend, befreiend, erlösend, beglückend – und sprechen evtl. von „Erleuchtung“. Diejenigen, die es nicht verstehen, nicht einordnen, nicht annehmen können –  und evtl. davon überfordert sind, halten sich möglicherweise nun für verrückt und begehen Selbstmord oder landen als „psychisch krank“ bzw. „psychotisch“ in der Psychiatrie und werden dort von meist in dieser Hinsicht unverständigen Psychiatern nicht angemessen aufgeklärt, sondern unangemessen behandelt.

 

Zum Verdeutlichen und besseren Verständnis möchte ich an dieser Stelle versuchen, Sie nacheinander in zwei verschiedene Situationen und Stimmungen zu führen, in denen man „Religiöses Erleben“ erfahren kann.

 

Die erste Situation:

 

Stellen Sie sich bitte vor, Sie haben sich voll Begeisterung für ein Seminar angemeldet - zu einem Thema, das Ihnen viel bedeutet; Sie sind voller Vorfreude zum Veranstaltungsort gefahren – in eine sehr schöne Gegend. Sie treffen dort mit netten, aufgeschlossenen Menschen zusammen, Sie fühlen sich wohl, sprechen über interessante Dinge, haben wichtige neue Erkenntnisse – es geht Ihnen so gut, Sie fühlen sich großartig, könnten die ganze Welt umarmen. Bei einem Spaziergang in der herrlichen Natur dort fühlen Sie sich beschenkt und dankbar und eins mit der ganzen Schöpfung; Sie setzen sich nieder und genießen dieses schöne Gefühl, ihr Bewußtsein weitet sich – und Sie haben plötzlich die Erkenntnis: ICH BIN diese Natur, ICH BIN ein integraler Bestandteil dieser Schöpfung, ICH BIN dieses schöpferische, universelle Bewusstsein, ICH BIN Bestandteil von dem, was ich als GOTT verstehe und von dem ich mich bis jetzt eigentlich immer als getrennt empfunden und verstanden habe. Sie erkennen in diesem Augenblick: „Auch ich bin Gott“.

 

Was halten Sie davon? Wie gehen Sie mit dieser Erkenntnis um? Ist das okay für Sie? Können Sie das verstehen, akzeptieren? Oder ist das für Sie sogar selbstverständlich? Wußten Sie schon vorher, dass Sie Gott sind? Oder ist diese Vorstellung neu für Sie? Finden Sie die Idee befremdlich? Würden Sie Ihren Freunden davon erzählen? Oder lieber nicht? Was könnten Ihre Freunde denken? Dass Sie verrückt geworden sind? Oder würden Sie selbst an Ihrem Verstand zweifeln? Was denken Sie, wo Sie Aufklärung bzw. Hilfe bekommen? Bei Ihrem Hausarzt, einem Psychiater, bei einem Pastor oder wo sonst?

 

Viele Menschen zweifeln an ihrer Wahrnehmung bzw. an ihrem Verstand, wenn sie solche Dinge erleben, solche oder ähnliche Erkenntnisse haben; denn in unserer Kultur – und ähnlich in der ganzen weltweiten zivilisierten Gesellschaft – ist das Bewußtsein, dass der Mensch gleichzeitig Geschöpf und Schöpferkraft ist, nicht sehr weit verbreitet – und in unserem Kulturkreis zu einem wesentlichen Teil deswegen, weil es verloren gegangen ist – nachdem es schon einmal vorhanden war.

 

Aber gar nicht wenige Menschen haben auch heutzutage noch solche Erkenntnisse, die da z.B. lauten ICH BIN GOTT oder ICH BIN CHRISTUS oder ICH BIN BRUDER VON JESUS oder anderes.

 

Manche Menschen fühlen sich von solchen Erkenntnissen überfordert, können solche Vorstellungen nicht verstehen, nicht einordnen, nicht annehmen - und glauben, verrückt zu sein oder werden tatsächlich verrückt; finden gedanklich, mental, keine befriedigende Lösung, mögen sich damit niemand anvertrauen, drehen durch, denken nicht mehr logisch, nicht mehr rational, handeln nicht mehr vernünftig – entweder aus ihrer eigenen Sicht - oder auch aus der Sicht anderer Menschen. Manche dieser Menschen landen beim Psychiater, beim Facharzt für psychische Erkrankungen, und bekommen dort evtl. die Diagnose „Psychose“ – oder etwas spezieller: „Schizophrenie“. Psychiater halten das für eine recht schwere psychische Störung bzw. Erkrankung. Meistens gibt man den Menschen mit solcher Erkrankung Medikamente, die zum Teil sehr unangenehme Nebenwirkungen haben, die aber zudem das Risiko von schwerwiegenden Spätfolgen mit sich bringen: Neuroleptika.

Solche Abläufe sind mir nicht nur von anderen Betroffenen berichtet worden, sondern ich bekam persönlich auch den Bericht eines akademisch ausgebildeten Soziologen, der einen jungen Menschen aus seinem persönlichen Umfeld wegen solcher religiösen Ideen zu einem Psychiater begleitet hat. Dieser junge Mann war vor diesem Besuch ganz ruhig und wollte eigentlich nur zum klärenden Gespräch, also auf der Suche nach erklärenden Informationen, den Psychiater aufsuchen. Was aber geschah: Der Psychiater verfügte NICHT über das entsprechende Wissen, die auftretenden Phänomene richtig zu erklären, sondern erkannte entsprechend seinem Diagnoseschlüssel auf „religiösen Wahn“ und entsprechend ordnete er dies einer Störung aus dem schizophrenen Formenkreis zu. Aus meiner Sicht eindeutig eine Fehldiagnose bzw. Fehlbehandlung.

Es steht zu vermuten, dass die große Mehrheit der Psychiater so oder ähnlich reagieren – zum großen Nachteil vieler Menschen; sehr entscheidend oft für den ganzen weiteren Lebensweg dieser Betroffenen.

Das müßte nicht sein, wenn die Betroffenen mit ihrem Problem mit jemand in Kontakt gebracht würden, der ihnen erklären würde, daß es sich bei ihrem Erleben bzw. Erkenntnissen um ganz natürliche Vorgänge, um einen bisher nur verborgenen Teil der Wirklichkeit handelt, der ihnen bisher nicht bekannt war – worüber sie auch früher niemand aufgeklärt hat.

 

Es gibt auch einen ganz anderen Zugangsweg zum religiösen Erleben im Zusammenhang mit Psychosen - oder mit Depression.

Dazu nun die zweite Situation:

 

Stellen Sie sich einen Menschen vor, der schon in der Kindheit lernen mußte, seine Gefühle zu unterdrücken, der seine Bedürfnisse zurückstellen mußte, der nicht geliebt wurde oder sich nicht geliebt fühlte; der sich ein Minimum an Anerkennung oder Zuwendung mit Leistung erkaufen mußte, der einen Minderwertigkeitskomplex entwickelte und immer Angst hatte, etwas falsch zu machen und von anderen Menschen abgelehnt zu werden; der sich zum Perfektionisten und Workaholic, zum Arbeitssüchtigen, entwickelte.

Im Alter von 40 Jahren bricht er unter der Last der ständigen Überforderung zusammen, findet sein Leben völlig unbefriedigend und glücklos und beschließt, Selbstmord zu machen. Sein Lebenswille kommt zum Erliegen. Er gibt auf. Er will nichts mehr. Nur noch sterben, nur noch weg aus dieser quälenden Welt. In diesem Augenblick hört er eine Stimme, die sagt:

„Nein, bleib noch da, du hast noch was zu tun!“

 

Wessen Stimme mag das sein? Sie hört sich für diesen Menschen an wie die Stimme seines Bruders, der vor zwei Tagen Selbstmord begangen hatte. Ist es wirklich er – oder sein Geist, der aus dem Jenseits spricht? Oder ist es die Stimme des eigenen Unbewußten? Die Stimme der eigenen Seele? Die Stimme Gottes in mir? Wer könnte wissen, was ich, der Lebensmüde, der Selbstmordkandidat, der nichts mehr will – außer sterben - in diesem Leben noch zu tun habe? Eigentlich nur Gott - oder? Ja, ist denn Gott in mir? Oder bin ich es am Ende selbst? Ist jeder Gott? Ist alles Gott?

 

Mystiker – also Menschen, die mystische Erfahrungen gemacht haben - wußten immer und wissen auch heute, daß jeder Mensch auch und vor allem geistiges und göttliches Wesen – also auch Gott – ist. In der Bibel steht es auch – so sagt z.B. Jesus dort: „Haben eure Väter euch nicht gesagt, daß ihr Götter seid?“ Oder in einem der ältesten Bücher der Bibel, ich glaube es ist Amos – die Aussage: „Kein Mensch bin ich, sondern ein Gott – heilig in meiner Mitte“.

 

In der Bibel steht gleichfalls geschrieben, es sei im Menschen prinzipiell angelegt, dass er sich als Teil von Gott, als Kind Gottes, als von göttlicher Energie beseelt, damit angefüllt und davon durchströmt, erkennen kann. Man nennt dieses Ereignis auch die zweite Geburt, die geistige Geburt, die Geburt des göttlichen Bewußtseins bzw. des Christusbewußtseins in uns. Christen feiern dieses Ereignis, die geistige Geburt, als - Weihnachten.

 

Die Weihnachtsgeschichte, wie sie in der Bibel steht, die Geburt von Jesus im Stall in Bethlehem ist Symbol für die Geburt des Christusbewußtseins in uns und Symbol für unsere innere Wandlung vom nur körperbewußten Menschen zum auch geistbewußten Menschen. Symbol dafür, daß wir nicht nur materielles, sterbliches Wesen sind, sondern daß wir eine zweite, wichtigere Identität haben, die geistiger Art, energetischer Natur ist; die manche Menschen das Selbst oder die Seele nennen und für unsterblich halten.

 

Erfahrungen von religiösem Erleben vor oder in Psychosen oder bei Depression oder Selbstmordabsicht – oder wann auch immer – müssen kein Wahn sein, sondern sind in vielen Fällen ein ganz natürlicher Vorgang im Menschen - wie Schwangerschaft, Geburt, Pubertät, wie Geburt und Tod.

 

Wie vieles andere im Leben auch, sind diese Dinge mit Veränderung verbunden, sie sind nicht immer leicht, bringen große Herausforderungen, Unbequemlichkeit oder Schmerzen mit sich - und die Notwendigkeit des Umdenkens, des Lernens, des Loslassens von altem und des Annehmens von neuem, vor allem dem Annehmen eines neuen Bewußtseins. Bisher lebte ich in dem Bewußtsein, daß ich ein Körper bin; jetzt lebe ich in dem Bewußtsein, daß ich einen Körper habe, aber in meiner tieferen Wirklichkeit eine Seele, ein Selbst, bin – ich habe ein neues, höherdimensionales Bewußtsein: Echtes Selbst-Bewußtsein.

 

Vielleicht helfen Ihnen konkrete Beispiele, besser zu verstehen, was einerseits innerlich erlebt wird und wie solches Erleben andererseits gedeutet werden kann:

 

Ich fange mit einem eigenen Beispiel an: Am Tag nach der Nachricht vom Selbstmord meines jüngsten Bruders konnte ich das Gedankenkarussell in meinem Kopf nicht länger ertragen, ich verließ vormittags meine Arbeit und machte mich auf den Weg nach Hause. Ich war so verzweifelt, dass ich konkret an Selbstmord dachte. Nach einigen 100 Metern hörte ich die Stimme meines zwei Tage zuvor verstorbenen Bruders, die sagte: „Komm doch auch hierher“ – was ich zunächst als eine Bestätigung meiner Absicht zum Selbstmord verstand und damit ins sogenannte „Jenseits“ zu wechseln. Kurz danach hörte ich jedoch seine Stimme ein zweites Mal - mit den Worten: „Nein, bleib noch da, du hast noch was zu tun“. Und wie Sie sehen: Ich blieb! Und getan habe ich auch einiges…

 

Heute, nach einiger Weiterentwicklung meines Bewusstseins, insbesondere spirituellen Bewusstseins, kann ich seine Worte anders – und besser – deuten. Ich kann seine Worte verstehen als eine Aufforderung, dem Reich Gottes, der geistigen Welt, zuzustreben – und das nicht durch einen Selbstmord zu bewerkstelligen, sondern durch spirituelle Entwicklung.

 

Ähnliche Missverständnisse gibt es ganz zweifellos auch bei vielen anderen Betroffenen mit ihren Eingebungen, Visionen, Identifikationen oder anderen Phänomenen. Ich hörte von einem jungen Mann, der die Vorstellung hatte, er selbst wäre Jesus oder Christus und seine Mutter wäre der Teufel. Nach seiner Vorstellung war es die Aufgabe des Christus, den Teufel zu bekämpfen, und das war Impuls für ihn, mit einer Waffe auf seine Mutter loszugehen.

 

Warum konnte er die Symbolik dieser Vorstellung nicht erkennen, nicht verstehen? Weil der typische normale Mensch der heutigen zivilisierten Gesellschaft unter der Dominanz der Fähigkeiten der linken Gehirnhälfte und vor allem des rationalen und außenweltbezogenen Denkens, steht, während die Fähigkeiten der rechten Gehirnhälfte vernachlässigt bis verkümmert sind. Folglich konnte dieser junge Mensch seine Vorstellung nur rational-materiell-außenweltbezogen interpretieren und entsprechend handeln. Hätte er es aber symbolisch verstanden, hätte ihm klar werden können, dass es wahrscheinlich um die gegensätzlichen Interessen in ihm selbst ging, in seinem Bewusstsein, und dass es nicht des Angriffs auf die Mutter bedurfte, sondern evtl. nur einer Klärung in ihm selbst und möglicherweise einer Entscheidung gegen die Erwartungen oder Vorstellungen seiner Mutter.

 

Ein weiteres konkretes Beispiel ist die Aussage von Dorothea Buck; sie hatte in ihrer ersten psychotischen Episode die Vorstellung, „Braut Christi“ zu sein. Da ihr Vater Pastor war, fragte sie ihn nach der Bedeutung dieses Begriffs und er fand in der Konkordanz die Erklärung, dass damit die Gemeinde gemeint sei. Das hilft meiner Meinung nach nicht viel weiter. Eine andere Erklärung jedoch könnte einem Menschen, der solches denkt, hier insbesondere einer Frau, weiterhelfen:

Wie lautet die Definition für eine  Braut? Das ist eine Frau, die einem Mann versprochen ist, aber noch nicht mit ihm verheiratet, noch nicht fest mit ihm verbunden.

Wie lautet die Definition für Christus oder Christi:

Das ist Symbolname für das göttliche Bewusstsein im Menschen, das Christus-Bewußtsein, das Bewusstsein eines Menschen, der sich seiner göttlich-geistigen Identität bewusst ist.

„Braut Christi“ würde ich entsprechend so erklären: Wer diese Bezeichnung auf sich anwendet, ist der Verbindung mit dem göttlichen Bewusstsein, dem Christus-Bewußtsein, versprochen, aber jetzt noch nicht fest verbunden.

 

Weitere Beispiele:

 

Die Vorstellung eines jungen Mannes einige Zeit vor Weihnachten, der Weihnachtsmann käme am 24.12. um Mitternacht mit seinem Schlitten und fährt mit dem jungen Mann im Schlitten in den Himmel. Diese Vorstellung schien dem jungen Mann so stark, so real, dass er absolut überzeugt war, das würde im realen Leben tatsächlich so stattfinden. Entsprechend groß war die Enttäuschung und der Verlust an Gottvertrauen, als diese Vision sich nicht so ereignete. Dieser junge Mann brauchte ein paar Jahre, um jetzt zu erkennen, dass diese Vision sich nicht in dieser Weise auf seine reale Außenwelt, sondern auf seine geistige Innenwelt, auf seine geistige bzw. Bewusstseinsentwicklung bezog. Jetzt ist dieser junge Mann auf dem Weg in den Himmel, aber auf eine ganz andere Weise, als – symbolisch - in seiner Vision erlebt. Er ist dabei, sich selbst und die Welt zu verstehen und seine Angst oder Ängste zu überwinden und erlebt gelegentlich Bewusstseinszustände, die er als himmlisch, paradiesisch bewerten kann.

 

Abgesehen von solchen konkreten Beispielen strotzt die Literatur aller Zeiten und Kulturen von Geschichten, Sagen, Märchen und Legenden, die auf der realen, außenweltbezogenen Ebene und rational verstanden werden können; die jedoch das Potential einer weiteren, nämlich symbolischen Dimension in sich tragen, die sich nur demjenigen öffnet, der für diese Symbolik offen ist – entweder unbewusst oder auch bewusst.

Übrigens: das Wort Legende: Wissen Sie, was das heißt? Sie finden es auch auf vielen Landkarten und dort steht dieses Wort bei der Erklärung der Zeichen, die in dieser Karte verwendet werden, die Symbole. Legende ist also eine Aufführung oder Darstellung von bzw. mit Symbolen.

 

Insbesondere Kinder – weil sie noch natürlich offen sind dafür und noch nicht einseitig intellekt-dominiert - schöpfen aus Märchen oder Sagen unbewusst viel für ihre Entwicklung und Zukunft. Aber auch für reifere Erwachsene halten solche Geschichten interessante Dinge und wichtige Erkenntnisse bereit.

In dem Märchen Hänsel und Gretel mag man vordergründig die Ermutigung sehen, Geschwistern in der Not beizustehen. Wobei die Praxis, eine Hexe einfach in den Ofen zu schubsen, mit heutigem Verständnis von Menschenrechten im Widerspruch steht. Aber darum geht es eben in Symbolgeschichten nicht. Es geht um Dinge, die im Bewusstsein stattfinden, nicht in der äußeren materiellen Welt. Wenn man bereit ist, das anzuerkennen, kann man solche Geschichten in ihrer größeren Tiefe erkennen und zum Beispiel auch, dass Hänsel und Gretel zwei Aspekte derselben Person sein können – z.B. das typisch weibliche, die Liebe, und das typisch männliche.

Ich erkenne z.B. in dem Knusperhäuschen mit seinen süßen und leckeren Bestandteilen die Verführungen der modernen Zivilisationsgesellschaft. Für mich symbolisiert die hässliche böse Hexe das hässliche oder böse Bewusstsein, das dahinter steht.

Wissen Sie oder können Sie erkennen, was die Brotkrumen symbolisieren, die Hänsel und Gretel auf dem Weg von zu hause weg, hin zu dem Hexenhaus, ausgestreut haben?

 

Oder schauen wir auf die Nibelungen:

Was symbolisiert Siegfried, der in der Geschichte der Nibelungen gegen den Lindwurm in den Kampf zieht und siegt?

Oder schauen wir nach Griechenland:

Was symbolisiert der Augiasstall, den Herkules in der griechischen Sage ausmistet?

Oder schauen wir in die Bibel:

Was symbolisiert der Kranke am Bethesdateich, und was symbolisiert Jesus in dieser Geschichte?

Was symbolisiert das Boot und die 12 Jünger auf dem See Genezareth, und was der Jesus, der in dieser Geschichte übers Wasser geht?

 

Ich könnte hier noch Stunden über die weise Symbolik von Märchen, Sagen, Bibelgeschichten und ähnlichem berichten. Aber das ist nicht der wichtigste Aspekt meines heutigen Vortrags. Das wichtigste ist mir, dass unsere Profis in der psychiatrischen bzw. psychotherapeutischen Behandlung wieder lernen, die Inhalte von religiösem Erleben, von Psychosen oder wie immer wir diese Dinge nennen wollen, achtsam und wertschätzend zu behandeln, nicht zu entwerten, nicht zu verdammen oder zu ignorieren, sondern rat- und hilfesuchenden Menschen angemessen zu begegnen.

 

Wir befinden uns hier in einer Institution der ärztlichen und therapeutischen Versorgung, in einer psychiatrischen Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie. Und deswegen muß ich natürlich auch darauf zu sprechen kommen, wie nach meiner Vorstellung eigentlich und hoffentlich in der Zukunft mehr und besser mit solchen Phänomenen, wie ich sie hier heute anspreche, umgegangen werden sollte.

 

Religiöses Erleben sollte in psychiatrischer Praxis nicht so schnell als Symptom einer psychischen Störung oder Erkrankung eingestuft werden. Dafür wäre natürlich erforderlich, dass Psychiater in ihrer Ausbildung das notwendige Wissen vermittelt bekommen über diese Phänomene und ihre Herkunft und Bedeutung. Mit Bedeutung meine ich nicht allein, dass man diese Phänomene nicht als Krankheitssymptome deuten sollte, sondern ich meine den ebenso wichtigen Aspekt, dass es auch eine dem religiösen oder auch psychotischen Erleben innewohnende Symbolik gibt, die in psychotherapeutischer Behandlung in Kooperation mit dem Klienten gedeutet werden kann – um daraus einen therapeutischen Nutzen zu ziehen. Das heißt aus meiner Sicht: Der Betroffene kann evtl. wichtige Dinge für sich und sein Leben aus diesem Erleben erkennen und sie für seine Persönlichkeitsentwicklung bzw. Selbst-Entwicklung nutzen.

 

Die Mitgründerin und heutige Ehrenvorsitzende des Bundesverbandes Psychiatrie-Erfahrener, Dorothea Buck, hat seit vielen Jahren, seit sie selbst die Bedeutung ihrer Psychose erkannt hatte, über diese Möglichkeit gesprochen, aus dem Verstehen der eigenen Psychose bzw. der Inhalte der Psychose, Material für die Heilung zu schöpfen. Dorothea Buck hat selbst bekundet, dass sie nach 5 psychotischen Episoden im Laufe von 26 Jahren verstanden hatte, was ihr die Psychose sagen wollte. Nachdem sie nach 1959, nach dem 5. Schub, genau das befolgte, blieb sie bis heute symptomfrei, ist jetzt 91 Jahre alt, geistig "fit wie ein Turnschuh" und hat in den letzten Jahrzehnten so viel im Bereich Psychiatrie im Sinne und zum Nutzen der Betroffenen bewegt, dass sie innerhalb der letzten zehn Jahre zweimal mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet wurde.

 

Sie war es, Dorothea Buck, die mir verschiedene Dinge auch im Bereich des religiösen Erlebens vermittelt hat, nicht zuletzt auch durch ihren eigenen Zeitschriftenbeitrag über dieses Thema sowie Hinweise auf die relativ wenigen sonstigen Veröffentlichungen zu diesem Thema. So weit ich weiß, gibt es einen Artikel von Renate Schernus zu diesem Thema sowie ein Heft von Pro Mente Sana mit dem Schwerpunkt-Thema Religiöses Erleben. Die wichtigste Quelle von Schilderungen jedoch fand ich in dem Buch „Sein wie Gott. Aspekte des Religiösen im schizophrenen Erleben und Denken“ von Dr. Ronald Mundhenk. Erschienen im PARANUS-Verlag; Neumünster. Es ist die Veröffentlichung seiner Doktorarbeit. Und Dr. Mundhenk ist nicht etwa Psychiater, sondern Theologe und Seelsorger in der psychiatrischen Klinik in Heiligenhafen.

 

Von Dorothea Buck habe ich auch die Hinweise auf die interessanten Ausführungen zu dieser Thematik von C.G. Jung. Der Titel lautet: „Symbole der Wandlung“. Die Ähnlichkeiten von Träumen und Psychose-Inhalten – möglicherweise auch religiöses Erleben – sind unverkennbar. Und wenn Träume gedeutet werden und Nutzen aus ihnen geschöpft werden kann – warum sollte man es bei Psychosen oder dem religiösen Erleben unterlassen?

 

Allerdings glaube ich nicht, dass das Deuten von Psychose-Inhalten oder religiösem Erleben stur nach Handbuch und aufgelisteten Begriffen vorgenommen werden darf. Es gibt viele Traumdeutungsbücher. Aber man sollte erkennen, dass es neben einigen typischen und bei vielen Menschen wiederkehrenden Symbolfiguren auch etliche ganz individuelle, persönliche gibt. Die Deutung muß daher letztlich dem Betroffenen, dem Erlebenden, überlassen bleiben. Es wäre nicht nur nicht hilfreich, sondern wahrscheinlich kontraproduktiv, wenn ein Therapeut einem Klienten die Bedeutung eines Symbols einreden oder überstülpen würde.

 

Was mir beim Verständnis dieser Phänomene gleichfalls geholfen hat, war Literatur aus dem Umfeld der Transpersonalen Psychologie – also eine Richtung der Psychologie, die sich beschäftigt mit Dingen oder Aspekten, die über das persönliche hinausgehen. Aus dieser Richtung habe ich eine Aussage vernommen, die sich mir schon vor etwa zehn Jahren eingeprägt hat: "Jede Psychose ist auch eine spirituelle Krise – aber nicht jede spirituelle Krise ist eine Psychose".

 

Es gibt also auch Vertreter helfender Berufe – Psychotherapeuten und eventuell andere – die sich mit einem besseren, angemesseneren und zutreffenderen Verständnis diesen Phänomenen annähern und die Ratsuchenden anders informieren, begleiten und stärken können, als der von mir in dem konkreten Beispiel erwähnte Psychiater.

 

Ich erinnere mich in diesem Zusammenhang an Worte von Professor Naber, dem Chef dieses Hauses. Einmal war es glaube ich bei der Tagung „Die subjektive Seite der Schizophrenie“, ein weiteres Mal möglicherweise auch hier in diesem Hause. Prof. Naber sagte, er möchte vermeiden, dass Betroffene zu den „Gurus“ gingen. Mir ist nicht ganz klar, was er damit gemeint hat: Ob er Therapeuten meinte, die eine irgendwie spirituelle Orientierung haben oder ob er Geistheiler meinte. Egal: Ich bin jedenfalls sehr dafür, dass auch die regelversorgende Psychiatrie den Bedürfnissen der Menschen, die zu ihnen kommt und Rat oder Hilfe sucht, angemessen gerecht wird. Ganz im Sinne der seit einigen Jahren populär gewordenen Bedürfnisangepassten Behandlung. Englisch: Need Adapted Treatment.

Und dazu würde eben auch gehören, dass das Personal in Kliniken ebenso wie die niedergelassenen Psychiater und Psychotherapeuten über diese Phänomene wie religiöses Erleben, angemessen informiert sind und Rat und Hilfestellung geben können – und nicht sofort die schlimmen Diagnosen und nicht die ähnlich schlimmen Medikamente; wenn es irgendwie anders geht.

Jeder möge die Veröffentlichungen von Volkmar Aderhold lesen über seine tiefschürfenden Erkundungen und Erkenntnisse über Neuroleptika und Praxis der medikamentösen Therapie. Vor allem jeder Psychiater sollte sich das vor Augen halten und beherzigen.

 

Ich hoffe, ich konnte mit diesen wenigen Andeutungen Ihr Interesse wecken, vielleicht Ihr Verständnis fördern; vielleicht haben Sie selbst schon eine solche oder ähnliche religiöse Erfahrung gemacht und haben bisher geglaubt, daß das alles nur Hirngespinst war. Vielleicht begegnen Sie irgendwann einem Menschen, der zu erkennen gibt, daß er eine solche oder ähnliche religiöse Erfahrung gerade macht oder gemacht hat und der darüber beunruhigt bzw. verunsichert ist. Beruhigen Sie ihn und sagen Sie ihm, daß er gerade ein Wunder erlebt. Das Wunder seiner zweiten, seiner geistigen, Geburt.

 

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

 

Literaturhinweise:

Sophie Zerchin: „Auf der Spur des Morgensterns – Psychose als Selbstfindung“

Ronald Mundhenk: „Sein wie Gott“

Beide im PARANUS Verlag der BRÜCKE Neumünster.

Sowie Veröffentlichungen der TRANSPERSONALEN PSYCHOLOGIE

 


 

Seit 1994 bin ich ehrenamtlich aktiv in der Selbsthilfebewegung Psychiatrie-Erfahrener. Was ich in den 13 Jahren mitbekommen habe, mündet in der traurigen Erkenntnis, die mich die Psychiatrie insgesamt als Skandal bezeichnen läßt. Da läuft soviel falsch und unmenschlich, daß mir die Worte fehlen, um das angemessen zum Ausdruck zu bringen. Und da Vergleiche hinken, laß ich das auch. 2003 habe ich mir meine Betroffenheit in einem längeren Artikel von der Seele geschrieben. Hier ist er:

Lieben Sie Ihre Patienten?

oder:

Formale Denkstörung von Psychiatern?

 

(Dieser Beitrag erschien in Nr. 1/2005 der Zeitschrift "Sozialpsychiatrische Informationen" (Psychiatrie Verlag, Bonn), geschrieben wurde er aber schon 2003/2004. Inzwischen gibt es weitergehende Erkenntnisse, vor allem zu den Aspekten "Lebens-Energie(=Liebe)" und "Spirituelle Dimension von Psychosen" / "Religiöses Erleben im Umfeld psychischer Krisen".

Aufgrund der hier beschriebenen Denk- und Handlungsweisen in der (herkömmlichen, regelversorgenden) Psychiatrie könnte man den beteiligten Psychiatern (und denen, die ihnen zu- oder nacharbeiten) 'formale Denkstörung' diagnostizieren. Dies ist nicht Ausdruck von Böswilligkeit (jeder der mich kennt, weiß, daß ich - seit 1994 Aktiver der Psychiatrie-Erfahrenen-Selbsthilfebewegung - so nicht bin), sondern Ausdruck meiner Betroffenheit - ja, Trauer und manchmal fast Verzweiflung - angesichts der zu beobachtenden Einseitigkeit, Oberflächlichkeit, Interesselosigkeit - kurz: Lieblosigkeit. Aber muß wissenschaftliches Denken oder Handeln mit Lieblosigkeit einhergehen? Ist vielleicht die ganze zivilisierte Gesellschaft "normal" lieblos und wir bemerken dies nur besonders hart im Umfeld der Psychiatrie und Psychotherapie? Leiden die von mir kritisierten Psychiater gar nicht unter einer Denk-, sondern Gefühlsstörung? Ist vielleicht die "normale" Lieblosigkeit sogar wesentliche Ursache aller psychischen Erkrankungen...?

Das medizinisch-wissenschaftliche Weltbild (wenn es denn das ist, an dem sich der von mir kritisierte Typ Psychiater orientiert) ist hinderlich für die angemessene Behandlung bzw. für den wirklichen Nutzen der Patienten. Welcher Psychiater - und welcher heutige Mensch überhaupt - hat denn noch ein nicht fachlich begründet partielles Weltbild, sondern ein "ganzheitliches"?

Eine der wenigen "Lichtgestalten" auf der professionellen Seite der Psychiatrie in Hamburg ist gar kein ausgebildeter Mediziner - und dennoch von vielen Betroffenen, Angehörigen und sogar professionellen Kollegen bewundert und oft zu Rate gezogen. Ein anderer, den inzwischen jeder kennt - Klaus Dörner - ist zwar Mediziner, hat aber auch noch Philosophie und Soziologie studiert; was aber wahrscheinlich nicht allein seine radikal menschliche Haltung begründet.

Aus der Sicht Betroffener sind häufig solche Psychiater die als "besser" empfundenen (weil aufgeschlossener, verständiger, "menschlicher"), die neben ihrem Studium der Medizin bzw. Psychiatrie auch noch studierte Psychologen, Philosophen oder Theologen sind. Wobei schwer zu sagen ist, was hier Ursache und Wirkung ist. Bestimmt die schon vorhandene Grundhaltung die Wahl des Studiums oder folgt die Grundhaltung aus dem Studium? Ich glaube, daß man – unabhängig von Studium oder Berufswahl – ganz(heitlich)er oder nicht ganz(heitlich)er Mensch sein kann. ("Der ganze Mensch" ist ein Buch von Martin Dammholz, einem homöopathischen Arzt, erschienen im Haug Verlag. Der "ganze" Mensch ist der heute eher seltene Fall eines Menschen, der wirklich ganz - also er selbst - ist; im Gegensatz zu den vielen, die es nicht sind.

Der einseitig wissenschaftlich geschulte Verstand neigt dazu, immer tiefer - wie mit dem Mikroskop - in die einzelnen Bestandteile der Dinge zu sehen, statt aus größerem Abstand in einer Gesamtschau Zusammenhänge zu erkennen, einen größeren Überblick zu gewinnen.

Der "Geist" der Wissenschaft blickt - wie in Platons Höhlengleichnis - auf die Schatten der Dinge an der Höhlenwand und sieht in ihnen die Wirklichkeit. Mir scheint, so sehen die (biologisch orientierten) Psychiater die Psychosen; sie sehen nur die sichtbaren Symptome einer von ihnen so genannten Erkrankung - die Schatten einer dahinter liegenden Wirklichkeit.

Die wahren Verursacher dieser Symptome werden von diesen Psychiatern nicht gesehen, weil sie nicht den Zusammenhang beachten, in dem es zu der jeweiligen Störung gekommen ist und, was sie bedeuten kann bzw. sagen will. Der angeblich gestörte Hirnstoffwechsel ist nur eine Begleiterscheinung - nur das biologische Gegenstück zu einem gestörten "seeli-schen Stoffwechsel": Unverdaute Probleme oder Konflikte, die schwer im "seelischen Magen" liegen und seelisches Völlegefühl oder seelische Übelkeit verur-sachen; Angst, die zu "seelischer Verstopfung" führt; Schreck, der "seelischen Durchfall" auslöst. So, wie der Körper auf Streß reagiert, reagiert die Seele auch - entsprechend - auf ihre Art.

Jeder gesunde Mensch kennt von sich Augenblicke oder Zeiten, in denen er "wie gelähmt" war vor Schreck, Schmerz oder Trauer; euphorisch vor Freude oder Begeisterung; außergewöhnlich leistungsfähig, kreativ; verrückt vor Glück oder wahnsinnig verliebt. Wer kennt nicht, dass ihm der Kopf "schwirrt", "brummt" oder "raucht", wenn er sich an einem Problem festgebissen hat oder eine Arbeit unter Zeitdruck fertig werden soll? Wer kennt nicht, daß ihm nach stunden-langem reden, zuhören oder denken ganz "wirr im Kopf" wurde? Wer kennt nicht die bei großer Anstrengung auftretenden Fehlleistungen, Konzentrationsstörungen, Aussetzer? Wer kennt nicht das Gefühl von tiefer Trauer, von Leere, Hoffnungs-losigkeit, scheinbarer Sinnlosigkeit des Lebens nach Verlusterlebnissen oder nach langer Zeit von Entbehrung?

Das besondere bei Psychosen ist, daß geistige Anstrengung zum Teil im Unbewußten abläuft oder schon eine ganze Weile abgelaufen ist; es handelt sich bei den Problemen bzw. Konflikten, die der zur Psychose neigende Mensch mit sich herumträgt, oft um Probleme bzw. Konflikte, die er verdrängt hat, da sie im Bewußtsein zu störend wären oder zu schmerzhaft, um sie ertragen zu können.

Seit 9 Jahren höre ich in der Selbsthilfebewegung die Erlebnisberichte von Betroffenen. Bei den meisten wurde deutlich, daß sie von irgendwelchen Problemen / Konflikten überfordert waren. Oft fand sich der Hinweis, daß schon in der Erziehung dieser Menschen etwas nachteiliges geschehen war, wie z.B. über-ängstliche oder realitätsfremde Mütter, zu starke oder zu schwache Gefühle bzw. Emotionalität der Mutter, mangelnde oder übertriebene Liebe, mangelnde Zuwendung, Annahme, Bestätigung, Ermutigung, Herausforderung, Freiheit, Abnabelung, usw.

Offenbar sind unter solchen Verhältnissen auch notwendige Entwicklungsschritte der kindlichen / jugendlichen Persönlichkeit nicht ermöglicht / nicht vollzogen worden. In der Folge konnten bestimmte Erlebnisse / Informationen nicht eingeordnet / verarbeitet / angenommen werden.

Dorothea Buck - unter Pseudonym Sophie Zerchin (Anagramm von "Schizophrenie") Autorin von: "Auf der Spur des Morgensterns - Psychose als Selbstfindung") - hat es als selbst Betroffene so analysiert, daß es "gestaute Gefühle und Impulse" waren, die ihre fünf psychotischen Schübe ausgelöst hatten und daß keine weiteren Psychosen folgten, als sie das erkannt und beschlossen hatte, Gefühle und Impulse aus ihrem Inneren nicht mehr sich stauen zu lassen, sondern damit und daraus zu leben. Dorothea Buck hat viel über die Unlogik der Psychiatrie geschrieben, so auch darüber, daß paradoxerweise "Magengeschwüre seelisch verursacht sein dürfen, Psychosen jedoch nicht."

Ich gehe in meinen Überlegungen noch weiter. Ich meine, daß seelische Störungen in der Regel - wenn es "echte" seelische Störungen sind - seelisch verursacht sind. "Unechte" seelische Störungen können körperlich verursacht sein - wie z.B. die schizophrenie-ähnlichen Symptome bei der Pyrrolurie = Vitamin B6- und Zinkmangel (orthomolekulare Medizin / Psychiatrie). Solche Symptome sind dadurch erfolgreich zu behandeln, daß man den Patienten ein Präparat zu-führt, das Vitamin B6 und Zink enthält - also genau das, was dem Körper fehlt. Neuroleptika oder andere Medikamente wären hier völlig fehl am Platz. Bei Untersuchungen in Psychiatrien fand man bis zu 30 % Patienten, denen "Schizophrenie" diagnostiziert worden war und die man dort mit Neuroleptika erfolglos behandelte, die nur unter dem o.g. Mangel an Vitamin B6 und Zink litten und deren schizophrenie-ähnlichen Symptome wenige Tage nach der Gabe des Präparats mit Vitamin B6 und Zink sich vollständig zurückbildeten.

Neuroleptika beheben keinen ursächlichen Mangel. Es ist übel, daß in Psychiater-kreisen Psychosen mit Diabetes verglichen werden. Bei Diabetes gibt es im Körper einen Mangel an Insulin und solches wird bei Bedarf von außen zugeführt. Diabetes ist also eine Insulin-Mangelkrankheit. Psychosen aber sind keine Neuroleptika-Mangelkrankheit. Neuroleptika decken keinen Bedarf im menschlichen Körper, sondern dämpfen Symptome, so wie man eine heftige Blutung an Arm oder Bein durch Abbinden des betreffenden Gliedes unterbinden kann. Beides ist keine Dauerlösung! Die Ursache der Blutung muß erkannt und behoben, die Verletzung repariert werden. Ebenso muß im Falle der Psychose die Ursache erkannt und behoben werden.

Worauf sich Psychiater oft berufen, sind "statistische Fakten". Das sind durch "wissenschaftliche" Arbeit ermittelte Daten. Statistische "Wahrheiten" haben jedoch für die Beurteilung des Einzelfalles keinen Aussagewert. Extrem-Beispiel: Es würde festgestellt, daß ich an einer Krankheit erkrankt bin, an der bisher alle Menschen gestorben sind, die daran erkrankt waren. Was soll mir die Information des Arztes über diese Statistik helfen? Mich darum zu kümmern, daß ich auf meinen Tod vorbereitet bin? Das sollte ich als gesunder Mensch sowieso jederzeit sein. Er könnte mich ermutigen, indem er sagte, daß ich trotz allem jede Chance hätte, zu überleben bzw. wieder ganz gesund zu werden - erstens, weil ich zufällig der erste sein könnte, der an dieser Krankheit nicht stirbt und zweitens, weil man diese Krankheit vielleicht nur überlebt, wenn man zuversichtlich gestimmt ist und drittens alle Möglichkeiten (und nicht nur wissenschaftlich abgesicherte, evaluierte!) nutzt, die der Gesundung dienlich sein können.

Es mag bisherige Erfahrung von Psychiatern sein, daß ungefähr ein Drittel aller schizophren Diagnostizierten dauerhaft chronifiziert, ein weiteres Drittel nach mehreren Schüben symptomfrei bleibt und daß es beim letzten Drittel bei einer einzigen psychotischen Episode bleibt. Dies einem Patienten im Hinblick auf seine Gesundungschancen mitzuteilen, halte ich für kontraproduktiv, im Grunde sogar für einen Behandlungsfehler; weil es sich für den Patienten in negativer Weise als eine "selbsterfüllende Prophe-zeiung" auswirken kann. Wer - wie es oft ist - als Patient ohnehin verunsichert bzw. ängstlich ist, könnte mit Hilfe einer solchen Information von seinem Psychiater fürchten lernen, er/sie gehöre zur ersten Gruppe - den lebenslang Chronifizierenden. Alle Aussagen von Behandlern in ähnlicher Richtung sollten ebenfalls vermieden werden - wie z.B. oft den Patienten gesagt wird:

■ Sie sind sehr schwer krank / das ist unheilbar

■ Sie müssen viele Jahre / lebenslang Medikamente nehmen

■ Sie müssen ihre Lebensplanung / berufliche Planung vergessen

■ Sie können selbst gar nichts zur Gesundung beitragen

■ Nur die von uns empfohlenen Medikamente können helfen

Das sind alles mehr oder weniger unzutreffende, zumindest aber unnötig entmutigende, Aussagen. Besser wären Aussagen, die ermutigen, wie z.B.

■ Auch wenn es Ihnen jetzt nicht gut geht / wenn Sie jetzt verunsichert sind / wenn Sie jetzt gerade Angst haben: Sie dürfen hoffen, daß das vorbei geht - wie bei vielen anderen Patienten auch. Die Symptome der Störung können wir mit Medikamenten mildern - vielleicht sogar ganz unterdrücken. Aber Ursache und Auslöser können wir damit nicht beseitigen, das können nur Sie. Wenn Sie sich bemühen zu verstehen und anzunehmen, was Ihnen Ihre Psychose sagen will, kann es gut sein, daß sie nie wieder kommt. Zu jeder Zeit und in jedem Stadium dieser Störung haben Sie alle Chancen, daß es gut ausgeht und Sie gesund und glücklich werden.

Woran mag es liegen, daß die Sozialpsychiatrie an Boden verloren hat? Weil die "glamouröse" Pharmaindustrie so viele Psychiater mit ihren Verlockungen blendet? Welche milliardenschwere Industrie mit entsprechenden Hochglanzbroschüren und Incentives steht hinter denjenigen Profis in der Psychiatrie, die nicht das Primat der antipsychotischen Medikamente (Neuroleptika) vertreten?

Woran mag es liegen, daß die Anthropologische Psychiatrie mit ihrer sehr aufgeschlossenen, verstehenden, annehmenden, humanen Haltung derzeit ein Schattendasein führt? Immerhin haben wir an der Universitätsklinik Eppendorf in Hamburg eine Vorlesungsreihe "Anthropologische Psychiatrie", gestaltet von PD Dr. Thomas Bock und Prof. Dr. Dr. Klaus Dörner. Sie sei hiermit allen, die im Bereich Psychiatrie tätig sind, warm ans Herz gelegt - ebenso wie die trialogischen Psychose-Seminare, die inzwischen an weit über hundert Orten stattfinden und wo viele Erkenntnisse gewonnen werden, die auch wichtig wären für Psychiater, die dort aber immer noch deutlich in der Minderheit sind.

Woran mag es liegen, daß psychologische Erklärungsmodelle für psychische Erkrankungen in der Psychiatrie so wenig beachtet werden? Sie scheinen mir viel schlüssiger als die biologisch-medizinischen Ursachen- oder Erklärungsmodelle. Selbst das sehr gängige Streß-Vulnerabilitätskonzept bietet kaum Ansätze für seelisch-soziale Ursachen noch – dement-sprechend - einen Ansatz für Heilungsmöglichkeit.

Sehr überzeugend finde ich z.B. den Ansatz von Ty C. Colbert ("Das verwundete Selbst - Über die Ursachen psychischer Krankheiten", Beust Verlag). Colbert beschreibt 8 Stufen von der Gefühlsinvestition und Ablehnung bis hin zu den verschiedenen Symptomen (Depression, Angst, Aggression, Eßstörungen usw.), die von der Psychiatrie als verschiedene Krankheitsbilder gesehen werden. Colbert - der selbst als Therapeut arbeitet -, ist überzeugt, daß es auch aus dem letzten, achten, Stadium - bei welchen Symptomen auch immer - die Möglichkeit der Umkehr und Rückkehr zum Heilwerden, zum inneren Frieden, gibt.

Woran mag es liegen, daß der weitaus überwiegende Teil der Forschungsgelder dieses Bereichs in die biologische Forschung (ca. 98 %) fließt und nur etwa 2 % in andere, z.B. psychologische (Ursachen-)Forschung? Ein von Dorothea Buck angestoßenes Forschungsprojekt im BPE (Bundesverband Psychiatrie-Erfahrener e.V.) erbrachte deutliche Anzeichen für die seelische Verursachung von Psychosen. Dorothea Buck fordert seit vielen Jahren, daß die Psychiatrie eine empirische Wissenschaft werden muß, die auf den Erfahrungen der Betroffenen gründet. Dieser Forderung hat sich der (BPE) auch schon vor Jahren angeschlossen.

Ein Betroffener, Dr. Joachim Glaubrecht, Mitglied des Vorstandes des BPE, hat mit sich selbst und anderen Betroffenen die Erfahrung gemacht, daß sich in der Psychose das bis dahin vernachlässigte, unterdrückte "wahre Selbst" zeigte und, daß bis zu diesem Ereignis ein falsches, "idealisiertes Selbst" den Menschen - in die Irre - geführt hatte.

Diese Sichtweise wird u.a. gestützt durch das Buch "Sein wie Gott" von Ronald Mundhenk, erschienen im Paranus Verlag der Brücke Neumünster. Untertitel: "Aspekte des Religiösen im schizophrenen Erleben und Denken". Mir scheint, so unangenehm empfundene Symptome wie Ich-Auflösung oder Depersonalisation beschreiben genau dies: Das falsche Selbst löst sich auf (bzw. wird vom bisher verdrängten, unbewußten wahren Selbst, das sich jetzt ins Bewußtsein drängt, aufgelöst). Das wahre Selbst kann man auch als den eigentlichen Kern des Menschen ansehen, als den "göttlichen Funken", der in jedem von uns steckt. Deshalb auch bei vielen Betroffenen die plötzliche Wahrnehmung, mit dem Göttlichen in Verbindung oder Teil von ihm zu sein, Gottes Sohn oder von ihm gesandt oder beauftragt - und das selbst bei Menschen, die nicht religiös waren oder sind und solchen, die auch keine religiöse Erziehung genossen hatten.

Das "veränderte Weltgefühl" (Zitat Dorothea Buck) stellt sich ein, wenn Gefühlsbereiche in uns besonders (intensiv) angesprochen werden, besonders viel Energiezufuhr bekommen oder plötzlich von Blockaden befreit werden und wieder normale Energiezufuhr erhalten; wenn wir mit Gefühlen - wieder - in Kontakt kommen, von denen wir vorher abgetrennt waren.

Ich erinnere mich an die Akupunktur-Raucherentwöhnung im Sommer 1987. Als ich nach der ersten Anwendung aus dem Haus des Akupunkteurs auf die Straße trat, habe ich die Welt merklich anders wahrgenommen: deutlicher, intensiver. Geruchs- und Geschmackssinn waren spürbar verändert. Ich führe das darauf zurück, daß Energieblockaden gelöst worden waren.

Noch deutlicher war mein Erleuchtungserlebnis von 1991. Ein zuvor nie erlebtes, völlig neuartiges Gefühl völliger innerer Befreiung; die Erkenntnis einer ganzen Reihe wichtiger Grundsätze und Zusammenhänge sowie die Erkenntnis der Ursachen meiner früheren inneren Gefangenheit und der Ursachen der kollektiven gesellschaftlichen Krankheit und ihrer Folge, der "globalen Krise". Ein Wahn?

Für mich damals nicht und heute, 12 Jahre später, immer noch nicht. Die Erkenntnisse sind wahr und echt. Die Visionen, die ich damals hatte und die Bilder, die sich mir aufdrängten, habe ich für mich interpretiert, ihnen einen Sinn für mein Leben beigemessen und mich danach verhalten - und hatte immensen Gewinn davon für meine Persönlichkeits- bzw. Selbst-Entwicklung.

Klaus Mücke ("Die psychotische Krise", Öko-Systeme-Verlag, Potsdam) erklärt Psychosen aus systemtherapeutischer Sicht als verdrängte Konflikte z.B. dem zwischen Familien- und Eigenloyalität. Ich glaube aber, daß Psychosen aus den unterschiedlichsten Konflikten; aus ungelösten oder befürchteten Problemen; aus gestauten Gefühlen, unterdrückten oder verleugneten Bedürfnissen oder Impulsen entstehen können. Alles, was dem Bewußtsein als unlösbar oder zu schmerzhaft erscheint und verdrängt wird, kann zum psychotischen Potential im menschlichen Unbewußten werden.

Auch wenn mir das Erklärungsmodell von Klaus Mücke für die Ursachen von Psychosen noch zu einfach erscheint; für eine andere, sehr deutliche Darstellung bin ich ihm sehr dankbar: Die der sehr wahrscheinlich unnötigen Chronifizierung von vielen Fällen durch die von herkömmlichen Psychiatern geübte Praxis, die Betroffenen zu schwer Kranken zu erklären, die selbst nichts zu ihrer Gesundung beitragen können, außer blind auf diese Psychiater mit ihrem biologisch-genetischen Erklärungsmodell und den Neuroleptika zu vertrauen. So werden die Patienten zu einer für sie schädlichen Compliance manipuliert, die manchmal lebensgefährlich ist oder zu lebenslänglicher Chronifizierung führt. Solchen Psychiatern möchte ich mein Vertrauen nicht mehr schenken.

Nach 9 Jahren Aktivitäten im Bundes- bzw. Landesverband Psychiatrie-Erfahrener, als Kontaktperson für mehrere Selbsthilfegruppen Psychiatrie-Erfahrener und Teilnehmer an unzähligen Psychose-Seminaren und anderen Veranstaltungen Betroffener habe ich soviel gegenteilige Erfahrungen gehört, von so vielen alternativen Behandlungsmodellen, Erklärungsmodellen und anderen guten Ansätzen gehört, daß mir die regelver-sorgende, herkömmliche Psychiatrie vorkommt wie eine schlecht ausgerüstete Klempnerei, die mit unzureichendem Werkzeug und Material eine funktionierende Wasserversorgung herstellen soll. Der Psychiater, der nur Neuroleptika als wirksames Werkzeug kennt, kommt mir vor wie ein Klempner, der nur einen Hammer zur Verfügung hat: er kann damit einiges plattklopfen und vieles kaputtschlagen, aber aufbauen tut er so nichts.

Auch wenn Klaus Mücke möglicherweise nicht die Patentlösung für alle Psychotiker gefunden hat und letztlich nur einem Teil der infragekommenden Patien-ten mit seinem Ansatz geholfen werden kann, bin ich überzeugt, daß es auch für die restlichen Psychosen psychotherapeutische Möglichkeiten der Intervention bzw. Behandlung geben muss - sie sind nur noch nicht gefunden oder aber gefunden und noch nicht überall bekannt. Wenn alle anderen psychischen Störungen mit Psychotherapie behandelbar sind, dann sind es nach meiner Vorstellung von der Einheitlichkeit der Naturgesetze auch alle "echten" - also seelisch verur-sachten - Psychosen!

Ursache psychischer Erkrankung bzw. Störung und das Ausbleiben von wirklicher Heilung ist immer: zu wenig Liebe.

Der psychisch erkrankte / gestörte Mensch braucht zur wirklichen Gesundung / Heilung - im Sinne von Behebung der Ursachen bzw. Auslöser und nicht nur Verdrängung der Symptome - mindestens auch das, was jeder Mensch braucht, um seelisch gesund zu bleiben (und was jeder Mensch auch von Lebensbeginn an braucht, um sich gesund zu entwickeln), was aber der psychisch erkrankte / gestörte Mensch nicht bekam (oder was er nicht leben, nicht geben durfte) und weswegen er erkrankte: LIEBE - wahre, wirkliche Liebe; geliebt werden und lieben dürfen; sich bedingungslos angenommen fühlen; Geborgenheit, Schutz, Fürsorge, Halt, Vertrauen, Förderung, Ehrlichkeit, Offenheit, Aufgeschlossenheit, Natürlichkeit, Echtheit, Wahrhaftigkeit, Führung, Ermutigung, Herausforderung, Verantwortung, Freiheit - Entwicklung des wahren Selbst.

Wer psychotisch geworden ist aufgrund zu großer Bindung an die Bezugsperson(en), hat nicht etwa zu viel Liebe bekommen oder gegeben (es gibt kein zuviel an wahrer Liebe, nur zu wenig), sondern er hat gar keine wirkliche Liebe bekommen und konnte deshalb auch gar nicht wirklich lieben lernen. "Zu große Bindung" ist schädliches Klammern, Vereinnahmen, Überfordern, Überfrachten und ähnliches. "Zu große Bindung" ist Vernachlässigung der wahren Interessen, Gefühle und Bedürfnisse. "Zu große Bindung" entsteht aus Angst und Unsicherheit - auf welcher Seite auch immer: Kind oder Bezugsperson. Angst und Unsicherheit auf Seiten der Mutter erzeugt Angst und Unsicherheit beim Kind. Eine ängstliche, verunsicherte Mutter kann ihr Kind nicht zu einem unängstlichen Kind / Menschen erziehen. Eine Eiche kann auch nur Eicheln hervorbringen und keine Kastanien. Ein Tiger kann seine Kinder nur zu Raubtieren erziehen und nicht zu Vegetariern.

Eine ängstliche Mutter hätte immerhin die Chance, durch Psychotherapie (auch Selbsttherapie, Selbstentwicklung) ihre Angst und / oder Unsicherheit zu überwinden und wirklich lebenstüchtig und glücklich zu werden und so ihr Kind auch zu einem lebenstüchtigen, wirklich glücklichen Menschen zu erziehen, der fähig ist, wirkliche Liebe zu leben - zu geben und anzunehmen.

Neulich hörte ich einen Professionellen im UKE sagen: "Wenn wir die Ursache der Psychosen herausfinden, bekommen wir den Nobelpreis."

Ich denke, die Ursachen der Psychosen sind bereits herausgefunden - wenn auch die durch das medizinisch-wissenschaftliche Weltbild einäugig gewordenen "Fachleute" die Ursachen mit ihrem einen Auge nicht sehen können. Man kann das Problem auch so sehen: Die Lebensenergie fließt nicht so, wie sie sollte; es kommt zu Blockaden, Einengungen, Staus und Überdruck. Deshalb fließt die Lebensenergie manchmal sehr heftig in bestimmten Bereichen, die unter dem Energie-Überschuß sehr heftig überrea-gieren: Die typische Erscheinungsform von Psychose (übrigens ist die Depression analog das weitgehende Unterbinden des Fließens der Lebensenergie bzw. das Versiegen. Und zwar ebenfalls aufgrund von seelischen Blockaden. Wie sich diese Blockaden, Einengungen, Abschnürungen und Fehlleitungen von Lebensenergie im einzelnen Darstellen, kann möglicherweise die Akupunktur, Akupressur und ähnliche Behandlungsarten verdeutlichen; die kennen sich mit den Bahnen der Lebensenergie aus. Nicht unerwähnt bleiben sollen auch Wilhelm Reich, Ida Rolf und Alexander Lowen, stellvertretend für alle diejenigen, die Erfahrungen mit der Körperarbeit gesammelt haben. Besonders erwähnen möchte ich Gerda Boyesen, die Erfinderin der biodynamischen Massage, die in ihren Büchern davon berichtet, wie sich im Körper die chemischen Überreste (Chemostase) von nicht verarbeiteten seelischen Vorgängen (Schreck-reflex) ablagern und - wie sie auch am eigenen Leib erfuhr - die Lebensenergie am durchgängigen Fließen hindert. G. Boyesen berichtet von dem schweren Fall eines manisch-depressiven Mannes, der mit Hilfe ihrer Behandlung alle Stadien seiner Krankheitsentwicklung rückwärts erlebte und zum kleinen Kind regredierte, um schließlich völlig von seiner Erkrankung zu genesen.

 

Lieben Sie Ihre Patienten?

 

Wer als Psychiater - wie jeder Normale (Normalneurotiker) betroffen von der kollektiven Neurose - nicht im Kontakt mit seinen Gefühlen ist und infolgedessen oder unabhängig davon nicht wirklich lieben kann, wird auch seine Patienten nicht wirklich lieben können und ihnen dementsprechend nicht das geben können, was sie brauchen. Wer seine Patienten / Klienten / Mitmenschen wirklich liebt, will und kann ihnen das geben, was sie wirklich brauchen - z.B. wirklich-menschliche Begegnung, Annahme und Förderung der Entwicklung des wahren Selbst. Wer seine Patienten / Klienten / Mitmenschen wirklich liebt, der tut alles für ihre wirkliche Heilung (auch von der kollektiven Neurose) und dafür, daß sie wirklich glücklich werden. Und dies gilt auch für die Frage, ob Sie sich selbst lieben.

Als bislang "höchste Form psychiatrischer Behandlung"  (unter den gegenwärtigen gesamtgesellschaftlichen Verhältnissen) möchte ich die SOTERIA nennen. Bekannt wurde sie uns durch Mosher (USA), Ciompi (Schweiz), Urbahn (Gütersloh) und leider nur wenige weitere.

Woran mag es liegen, daß dieses - auch von vielen Professionellen anerkennend kommentierte - Modell so wenig praktische Umsetzung erfahren hat? Sind die Leiter von herkömmlichen psychiatrischen Kliniken bzw. Abteilungen die Hemmschuhe für solche Projekte / Modelle? Oder ist der Grund (wie ein Profi, der an einem Soteria-Projekt mitgewirkt hat, sagte), daß es zu wenig menschlich entsprechend eingestellte MitarbeiterInnen dafür gibt?

Oder ist der Grund, daß die Krankenkassen dieses - angeblich teurere - Modell nicht bezahlen wollen? Wobei die Krankenkassen und die Gemeinschaft der Versicherten sich möglicherweise besser damit stehen, eine Krankheit beim ersten Anzeichen wirklich nachhaltig zu heilen - und sei es auch mit höherem Aufwand - als nur die Symptome zu unterdrücken und das große Risiko des Wiederausbruchs und der Chronifizierung dem Patienten und der Versichertengemeinschaft aufzubürden. Hier stellt sich auch die Frage, ob es mehr Sinn macht, Krankheit aus betriebswirtschaftlicher oder volkswirtschaftlicher Sicht zu behandeln.

Bleuler, der den Begriff "Schizophrenie" (also: Spaltungsirresein, eigentlich: "Geistesspaltung") 1911 einführte, hat - gewollt oder ungewollt -, einen Hinweis auf die Krankheit der Psychiater gegeben, die mutmaßlich ebenso krank sind, wie alle sogenannten normalen Menschen, nämlich betroffen von der kollektiven Normalneurose, die in der Hauptsache darin besteht, vom Säuglingsalter an Gefühle abspalten, verdrängen, unterdrücken zu müssen; für ihre Entwicklung notwendige Bedürfnisse nicht befriedigt zu bekommen bzw. nicht befriedigen zu dürfen. Also ist eigentlich das Normalsein in der zivilisierten Gesellschaft ein geistig-seelisches Gespaltensein, während bei psychotischen Menschen (zumindest in vielen Fällen deutlich erkennbar) diese Spaltung bewußt wird, woraufhin sie dann rückgängig gemacht werden kann. Dies jedoch gehört zu den Vorgängen, die von Psychiatern als Krankheit erkannt werden und nicht als das, was es ist: ein (Selbst-)Heilungsmechanismus. Offenbar hat ein nicht eben kleiner Anteil der Psychiater es als Ziel aufgefaßt, den Patienten bei der Weiterverdrängung Ihrer abgespaltenen Anteile zu helfen; das frühere, nun sieche, Ich zu reanimieren und die Entdeckung und Weiterentwicklung des wahren Selbst zu verhindern - möglicherweise in dem Bestreben, die Patienten (wieder oder nun erstmals richtig) an die - kranke, krankheitsverursachende - Normalität anzupassen. Nach meiner heutigen Überzeugung (gründend auf theoretischem Wissen plus Erfahrung am eigenen Leib) können Normalneurotiker - solange sie es sind - nicht wirklich glücklich werden, können nicht wirklich lieben und vieles andere darunter auch nicht und es ist daher für jedes Individuum anzustreben, es von seiner Neurose zu befreien, das sieche Ich und Pseudo-Selbst - wenn es denn schon signalisiert, sterben zu wollen - auch in Frieden sterben zu lassen und dem wahren Selbst dieses Menschen auf die Welt zu helfen und ihm bei seiner Entwicklung zum wahrhaft glücklichen, reifen ganzen Menschen zu helfen.

Mein Verständnis ist so, daß auch Psychotiker, bevor sie erkennbar solche werden, zunächst Normalneurotiker sind; vielleicht mit der Besonderheit, daß einige von ihnen nicht besonders gut verdrängen können, denn sonst würde sich deren Unbewußtes nicht so "leicht" ins Bewußtsein drängen. Vielleicht bedeutet das (auch), daß Psychotiker – evolutionär gesehen (noch) sehr gesund sind, da sie ihrem Unbewußten - und möglicherweise ihren Gefühlen (noch oder dann wieder) sehr nah sind. Vielleicht ist das Abspalten, Verdrängen, Unterdrücken, Verleugnen von Bewußtseinsinhalten, Gefühlen, Bedürfnissen eine "Fähigkeit", die - evolutionär gesehen - eher eine Krankheit ist, die wir zivilisierte Menschen erst in den letzten ca. 6000 Jahren, also seit Beginn der Zivilisation gelernt haben?

Seit 1991 befasse ich mich mit der kollektiven (Normal-)Neurose, die ich Zivilisationsneurose nenne und ich erkenne in ihr einen ganz wesentlichen Begünstigungsfaktor u.a. für die Entstehung bzw. teilweise sehr besorgniserregende Zunahme von psychischen Störungen / Erkrankungen. Bereits 1994 habe ich über meinen Verdacht den damaligen Bundes-präsidenten Roman Herzog und eine Reihe von Ministerien und staatlichen wie nichtstaatlichen Stellen informiert - schließlich zu dieser Frage auch eine Petition beim Deutschen Bundestag eingereicht, die zwar zunächst angenommen / aufgegriffen wurde, doch dann aufgrund einer verkürzten, verfälschten Tischvorlage mit negativer Beschlußempfehlung abschlägig beschieden wurde; mit dem Vermerk, daß die "wissenschaftlichen Fachgesellschaften" zuständig seien. Vielfältig untersucht und beschrieben ist das Problem jedoch bereits; nur haben die politisch Verantwortlichen dieses Problem bisher vehement ignoriert. Es besteht seit vielen Jahren zunehmender dringender politischer Handlungsbedarf, denn wenn die kollektive Neurose wirksam bekämpft werden soll, dann müssen sich vor allem die politischen Rahmenbedingungen ändern.

Eine sehr wesentliche Rolle spielt dabei allerdings auch die Psychiatrie und das Bild, das die Öffentlichkeit von ihr und von psychischen Erkrankungen bzw. Störungen sowie von sogenannten psychisch Kranken hat.

Last but not least braucht es eine weitreichende Breitenaufklärung über die wirklichen Ursachen und Auslöser von psychischen Störungen bzw. Erkrankungen - damit sie wenn möglich vermieden werden können. Wo und wenn sie aber einzutreten beginnen, sollten die Betroffenen oder die Mitmenschen im Umfeld dies frühzeitig erkennen und dem Betroffenen helfen, es zu erkennen bzw. sich damit in Behandlung oder zur Beratung zu begeben.


 


 


 


 

HomeAktivitätenKontaktBlogMuseForumBasis-Info